Inflation, Rezession, Bankpleiten

Bericht: EZB sieht Finanzsystem in Gefahr

GoldGeldWelt Redaktion - 31.05.2023

Eine „ungeordnete“ Korrektur der Immobilienmärkte, Schwächen und Bruchlinien im Finanzsystem: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Finanzstabilitätsbericht vorgelegt.

Die gute Nachricht vorweg: Die EZB schätzt das Wachstum für die Eurozone in diesem Jahr auf 0,6 %. Im November war die Behörde noch von -0,1 % ausgegangen. Insbesondere die sinkenden Energiepreise stimmen die EZB-Volkswirte wieder ein Stück weit optimistischer. Ansonsten finden sich in dem Bericht jedoch viele Warnungen für Risiken und Unsicherheiten.

So beschreibt der Bericht das Risiko negativer Schocks für die Finanzmärkte aufgrund der strafferen Geldpolitik. Höhere Zinssätze könnten eine Belastung für Haushalte, Unternehmen, Staaten und Immobilienmärkte darstellen. Die Zentralbank hält in diesem Kontext auch ungeordnete Korrekturen für möglich.

Abnehmende Qualität bei Assets

Die Risiken fürs Finanzsystem – dem der Bericht bislang eine bemerkenswerte Resilienz gegenüber den jüngsten Pleiten bescheinigt – sind offensichtlich. Höhere Finanzierungskosten und eine abnehmende Qualität von Assets (die zum Beispiel als Sicherheiten für Immobilienkredite hinterlegt werden) könnten die Rentabilität von Banken beeinträchtigen.

Ähnliches gilt für den Fall, dass sich die Konjunktur schlechter entwickelt als erwartet. Auch dann steigt der Druck auf Vermögenswerte und Rentabilität. Die Finanzmärkte bleiben dem Bericht zufolge deshalb „anfällig für ungünstige Wachstums- und Inflationsergebnisse“.

„Ungünstige Marktdynamiken könnten durch Zwangsverkäufe von Wertpapieren verstärkt werden.“ Zu solchen Zwangsverkäufen sah sich etwa die mittlerweile insolvente Silicon Valley Bank gezwungen. Der Hintergrund: In einem Umfeld steigender Zinsen sinkt der Kurswert von Anleihen. Gleichzeitig wird es für Banken schwieriger, Liquidität über das Einlagengeschäft einzuwerben. In der Folge kommt es zu Liquiditätsengpässen, die durch den Verkauf von Wertpapieren mit Verlust ausgeglichen werden – eine typische Abwärtsspirale.

EZB will am 2 % Inflationsziel festhalten

Die EZB betont jedoch, am Inflationsziel von 2 % festzuhalten. Der Bericht lässt wenig Zweifel daran, dass es den kommenden Monaten zu weiteren Zinserhöhungen kommen wird. „Preisstabilität bleibt nach wie vor von entscheidender Bedeutung für die dauerhafte Wahrung der Finanzstabilität“, teilte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos ganz zu Beginn des Berichts mit.

Tatsächlich liegt die Inflation weiterhin deutlich über den Zielwerten der EZB. So lag die Inflationsrate im Mai in Deutschland bei 6,1 % - und dies trotz sinkender Rohstoffpreise und eingetretener technischer Rezession.

Die Nebenwirkungen nimmt die Zentralbank in Kauf. So habe die Zinswende „zu einer Umkehr der übermäßig komprimierten Risikoprämien bei Vermögenspreisen geführt“. Anders gesagt: Die frühere Geldflut der Notenbanken hat zu hohen Bewertungen auch riskanter Assets geführt. Dies ändert sich nun: Riskantere Vermögenswerte verlieren an Wert. „Wenn sich die Finanzlage normalisiert, könnte dies Schwächen und Bruchlinien im Finanzsystem aufdecken.“

Gewerbeimmobilien als Krisenfaktor

Besonders kritisch wird es für den Markt für Gewerbeimmobilien. Hier sieht EZB neben der schwachen Konjunktur und der Zinswende auch eine strukturell schwächere Nachfrage als Ursache. Tatsächlich führt die verstärkte Einführung von Homeoffice und hybriden Arbeitsmodellen zu einem Rückgang der Nachfrage nach Büros. Die fällige Korrektur des Marktes „könnte die Widerstandsfähigkeit von Investmentfonds auf die Probe stellen“.

Bemerkenswert ist folgende Aussage im Bericht: „Die Korrektur an den Immobilienmärkten könnte im Falle negativer makrofinanzieller Überraschungen ungeordnet werden“. Diese Passage lässt Raum für Interpretationen bis hin zu einem größeren Zusammenbruch des Immobilienmarktes.

Banken werden aufgefordert, Kapitalpuffer vorzuhalten und von einer Erhöhung der Ausschüttungsquoten abzusehen. Grundsätzlich hätten die bereits ergriffenen politischen Maßnahmen zur Stärkung des Finanzsystems den Finanzsektor jedoch widerstandsfähiger gemacht. Die EZB verweist insbesondere auf den sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer (Countercyclical Capital Buffer, CCyB). Diese Maßnahme sei mittlerweile in zwölf Ländern aktiviert.

Konjunktur runter, Inflationsdruck rauf

Ölpreis über 90 USD: OPEC+ bringt Notenbanken in Bredouille

Gipfel in Johannesburg

BRICS Währung: Neue Weltordnung voraus?

Entflechtung

Die Wall Street verabschiedet sich aus China

Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte

Die hier angebotene Berichterstattung stellt keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung von Wertpapieren dar und ist weder explizit noch implizit als Zusicherung etwaiger Kursentwicklungen zu verstehen. Die Munsch International LTD und ihre Autoren schließen jede Haftung diesbezüglich aus. Die Berichterstattung dient ausschließlich der Leserinformation und stellt zu keinem Zeitpunkt eine Handlungsaufforderung dar. Zwischen der Munsch International LTD und den Lesern der von ihr veröffentlichten Artikel entsteht keinerlei Beratungsverhältnis. Die Berichterstattung bezieht sich lediglich auf die jeweils genannten Unternehmen, nicht aber auf eine individuelle Anlageentscheidung. Laut §34b WpHG möchten wir darauf hinweisen, dass Partner, Autoren, Mitarbeiter und sonstige Bekannte der Munsch International LTD Wertpapiere der jeweils angesprochenen Unternehmen halten können und den Handel mit diesen Wertpapieren beabsichtigen, wodurch ein Interessenskonflikt bestehen kann. Ferner kann zwischen den hier erwähnten Unternehmen und der Munsch International LTD ein Beratungs- oder sonstiger Dienstleistungsvertrag bestehen oder bestanden haben, womit ebenfalls ein Interessenkonflikt besteht. Da wir zu keinem Zeitpunkt ausschließen können, dass auch andere, Medien, Research- und Börseninformationsdienste die von uns erwähnten Werte im gleichen Zeitraum besprechen, kann es zu einer symmetrischen Informations- und Meinungsgenerierung kommen. Eine Veränderung, Verwendung oder Reproduktion dieser Publikation ohne eine vorherige schriftliche Zustimmung von der Munsch International LTD ist untersagt. Bitte lesen Sie auch unsere vollständigen AGB und Disclaimer.

Top informiert, clever investiert

Über 150.000 Leser kennen GoldGeldWelt. Erhalten Sie kostenfrei die neusten Artikel aus der Redaktion und zeitkritische Informationen zu Aktien unserer Watchlist.

Durch Klick auf die Schaltfläche erklären Sie sich mit unseren AGB und Datenschutzbestimmungen einverstanden.

Folgen Sie uns auf Social Media
Neues Ungemach

Apple Aktie: Nach China-Risiken jetzt auch Chip-Versagen

Innovation

Seltene Erden Recycling: Die harte Nuss wird geknackt

Tech is Back: Automatisiert Gewinnen!

Big-Tech reißt sich um KI-Zukunftsmärkte der digitalen Revolution und treibt damit ihr Wachstum. Das Internet of Things (IoT) bietet mit disruptiven Trends brandheisse Gewinnchancen in diesem Boomsektor. Laden Sie jetzt unseren Spezialreport herunter und erfahren Sie welche IoT Pureplay-Aktie wir aktuell auf der Watchlist haben:

Hier Ebook als PDF downloaden