Gierflation?

- 07.08.2023

Erstaunlich, wie geschickt Politiker sich regelmäßig ihrer Verantwortung entziehen und anderen die Schuld für eigenes Versagen in die Schuhe schieben. Die Notenbankpolitik macht da keine Ausnahme. Jüngstes Beispiel: die von EZB-Chefin Christine Lagarde verbreitete Mär von der „Gierflation“. Demnach sei nicht die EZB schuld an der Inflation, sondern gierige Unternehmen. Die hätten ihre Preise weit stärker erhöht als angemessen und seien somit verantwortlich für die allgemeine Preissteigerung. Was Lagarde nicht erwähnt: Nicht nur Unternehmen erhöhen die Preise, auch Arbeitnehmer setzen sich mit teils deutlich zweistelligen Lohnsteigerungen durch. Das erhöht die Preise für Dienstleistungen wie bspw. den Friseurbesuch. Und eben auch die Lohnkosten für Unternehmen, die diese dann bei ihren Preisen aufschlagen müssen. Wenn Lagardes Mär von der „Gierflation“ stimmt, sind es also nicht nur gierige Unternehmen, die das Preisniveau treiben, sondern mehr noch gierige Arbeitnehmer. Natürlich ist das Quatsch! Alle Teilnehmer im Wirtschaftsverkehr versuchen naturgemäß, das Beste für sich herauszuholen. Grenzen werden ihnen dabei in einem freien Markt durch den Wettbewerb gesetzt: Wer zu viel Lohn fordert, findet keinen Job – wer zu hohe Preise verlangt, findet keine Kunden. Nichts Neues, sondern seit Grundprinzip der Marktwirtschaft. Das sollte auch der EZB bekannt sein. Was der EZB hingegen unbekannt ist und folglich auch nicht von ihr beurteilt werden kann, ist, welche Preise oder Löhne „angemessen“ sind. Das entscheidet allein der Markt durch Angebot und Nachfrage. Wer aber, wenn nicht gierige Firmen und Arbeitnehmer, hat dann schuld an der Inflation? Antwort: die EZB selbst. Sie ist es, die offiziell das Mandat zur Erhaltung der Stabilität unseres Geldes innehat. Dafür ist ihr die Macht über Zins und Geldmenge verliehen. Doch dieser Verantwortung ist die Notenbank lange nicht gerecht geworden. Vielmehr hat sie sich seit Jahren von der Politik korrumpieren lassen: Hier ein paar Milliarden aus der Gelddruckmaschine für die Bankenrettung in der Finanzkrise 2009, dort ein paar hundert Milliarden für die Euro-Rettung, zuletzt Billionen für die Kollateralschäden der Corona-Lockdowns, die Rettung des Klimas und den Kampf gegen Putin. In Summe hat die EZB die Geldmenge M3 in Deutschland seit 2009 rund verdoppelt. Im gleichen Zeitraum ist der Wert aller hierzulande produzierten Waren und Dienstleistungen gerade mal um rund 20% gestiegen. Wenn man allerdings die Geldmenge verdoppelt, während die Menge der dafür eintauschbaren Waren und Dienstleistungen nur um 20% steigt, ist das Ergebnis zwingend: der Wert des Geldes erodiert, die Preise für Güter und Dienstleistungen steigen. Die Inflation ist damit nicht die Folge der von der EZB erfundenen „Gierflation“, sondern das Ergebnis ihrer eigenen über viele Jahre praktizierten verantwortungslosen Ausweitung der Geldmenge. Wohlstand kommt nicht aus der Notenpresse. Er muss in Form von Waren und Dienstleistungen produziert bzw. erarbeitet werden. Makaber, dass EZB-Chefin Lagarde ausgerechnet diejenigen, die diese Leistung erbringen, als gierig bezeichnet und für das eigene Versagen in Sachen Inflation verantwortlich macht. Verlierer der EZB-Politik sind allen voran die Sparer. Deren Vermögen wird durch die Inflation entwertet. Schutz bietet ausgerechnet die Investition in „gierige“ Unternehmen, sprich Aktien. Diese erhöhen ihre Preise wegen der Inflation. Das steigert Umsätze, Gewinne und folglich langfristig Unternehmenswerte.

GoldGeldWelt Gastautor

ist Geschäftsführer der TOP Vermögensverwaltung und des Itzehoer Aktien Clubs (IAC). Sein Spezialgebiet sind internationale Qualitätsaktien. Durch jahrzehntelange Erfahrung als institutioneller und privater Investor hat Jörg Wiechmann eine herausragende Kapitalmarktexpertise aufgebaut, die er in seinem IAC Monatsbericht und auf GoldGeldWelt regelmäßig teilt.

Konjunktur runter, Inflationsdruck rauf

Ölpreis über 90 USD: OPEC+ bringt Notenbanken in Bredouille

Gipfel in Johannesburg

BRICS Währung: Neue Weltordnung voraus?

Entflechtung

Die Wall Street verabschiedet sich aus China

Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte

Die hier angebotene Berichterstattung stellt keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung von Wertpapieren dar und ist weder explizit noch implizit als Zusicherung etwaiger Kursentwicklungen zu verstehen. Die Munsch International LTD und ihre Autoren schließen jede Haftung diesbezüglich aus. Die Berichterstattung dient ausschließlich der Leserinformation und stellt zu keinem Zeitpunkt eine Handlungsaufforderung dar. Zwischen der Munsch International LTD und den Lesern der von ihr veröffentlichten Artikel entsteht keinerlei Beratungsverhältnis. Die Berichterstattung bezieht sich lediglich auf die jeweils genannten Unternehmen, nicht aber auf eine individuelle Anlageentscheidung. Laut §34b WpHG möchten wir darauf hinweisen, dass Partner, Autoren, Mitarbeiter und sonstige Bekannte der Munsch International LTD Wertpapiere der jeweils angesprochenen Unternehmen halten können und den Handel mit diesen Wertpapieren beabsichtigen, wodurch ein Interessenskonflikt bestehen kann. Ferner kann zwischen den hier erwähnten Unternehmen und der Munsch International LTD ein Beratungs- oder sonstiger Dienstleistungsvertrag bestehen oder bestanden haben, womit ebenfalls ein Interessenkonflikt besteht. Da wir zu keinem Zeitpunkt ausschließen können, dass auch andere, Medien, Research- und Börseninformationsdienste die von uns erwähnten Werte im gleichen Zeitraum besprechen, kann es zu einer symmetrischen Informations- und Meinungsgenerierung kommen. Eine Veränderung, Verwendung oder Reproduktion dieser Publikation ohne eine vorherige schriftliche Zustimmung von der Munsch International LTD ist untersagt. Bitte lesen Sie auch unsere vollständigen AGB und Disclaimer.

Top informiert, clever investiert

Über 150.000 Leser kennen GoldGeldWelt. Erhalten Sie kostenfrei die neusten Artikel aus der Redaktion und zeitkritische Informationen zu Aktien unserer Watchlist.

Durch Klick auf die Schaltfläche erklären Sie sich mit unseren AGB und Datenschutzbestimmungen einverstanden.

Folgen Sie uns auf Social Media
Neues Ungemach

Apple Aktie: Nach China-Risiken jetzt auch Chip-Versagen

Innovation

Seltene Erden Recycling: Die harte Nuss wird geknackt

Gewinnen mit Goldaktien

Der Masterplan für ein erfolgreiches Investment in Goldaktien und Rohstoffaktien. Lernen Sie in diesem exklusiven Spezialreport welche 10 Punkte Sie unbedingt beachten müssen bevor Sie investieren:

Hier Ebook als PDF downloaden