Bevor ich mich mit Ihnen in die Tiefen der, für dieses Thema leider unausweichlichen, Worst Case Szenarien begebe, möchte ich noch betonen, dass ich mich selbst nicht zu den „Weltuntergangspropheten“ zähle. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich betrachte viele Entwicklungen in unserem intrinsisch fehlerhaften Geld- und Wirtschaftssystem äußerst kritisch und halte sowohl stärkere deflationäre Schocks als auch ausgeprägte Inflationsperioden für durchaus realistisch. Einen totalen staatlichen Kontrollverlust über das Finanz- und Währungssystem werte ich jedoch mittlerweile als äußerst unwahrscheinlich ein. Das ist eine der Lehren, die ich aus den vergangen Jahren seit der Finanzkrise gezogen habe, in der sowohl die Staaten als auch die Finanzindustrie eine beeindruckende „Flexibilität“ bezüglich der bis dahin als sicher geltenden Normen und gesetzlichen Grundlagen gezeigt haben.
Dennoch berücksichtige ich bei meinen Gold- und Silberkäufen, genau wie unzählige andere Edelmetallinvestoren, nicht nur den Inflations- und Krisenschutz, sondern eben auch die Funktion von Gold und Silber als Zahlungsmittel in der Not. Es gibt einfach zu viele Beispiele von der fernen bis in die jüngste Vergangenheit, in denen die Menschen auf die über Jahrtausende bewährten Geldmetalle ausgewichen sind, um ihren täglichen Bedarf zu decken.
Hyperinflationen wie in der Weimarer Republik, Zimbabwe oder aktuell in Venezuela mögen Extremfälle sein, die sich aller Voraussicht nach so hier im entwickelten Europa nicht mehr abspielen werden. Trotzdem führen sie uns die Fragilität und das Missbrauchspotential ungedeckter Papier- und Kreditwährungen vor Augen, zu denen wir leider auch Dollar, Yen und Euro zählen müssen. Nur weil ich etwas für unwahrscheinlich halte, heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht dagegen versichern sollte. Sie rechnen doch auch nicht damit, einen Haftpflichtschaden in Millionenhöhe zu verursachen oder ihr komplettes Hab und Gut in einem Brand zu verlieren. Dennoch haben Sie für alle Fälle eine passende Versicherung abgeschlossen, oder?
Bei all den politischen Unsicherheiten und Veränderungen dies- und jenseits des Atlantik und der offensichtlichen Abhängigkeit unseres Finanz- und Wirtschaftssystems von den Marktmanipulationen der Zentralbanken müssen wir akzeptieren, dass Veränderung die einzig verlässliche Konstante ist. Sichere Prognosen sind in diesem Umfeld unmöglich geworden und von Staatspleiten über Banken- und Währungskrisen bis hin zu Kriegen kann leider nichts mehr sicher ausgeschlossen werden. In diesem Moment befinden sich amerikanische und chinesische Militärverbände auf dem Weg nach Nordkorea. Kim Jong-un hat mittlerweile vier erfolgreiche Atomtest durchführen lassen und macht nicht den Anschein, einfach klein beigeben zu wollen. Oder nehmen Sie die Gefahr des Auseinanderbrechens der Eurozone, die in dieser oder der nächsten Wahlperiode nicht ausgeschlossen werden kann und völlig unkalkulierbare Folgen für uns hätte.
Es muss auch nicht gleich das totale Staats- und Währungsversagen sein, welches uns mit unseren Münzen und Barren auf den Bauernmarkt um die Ecke treiben könnte. Nehmen Sie die Wochenlang stark eingeschränkten Barabhebungen in Griechenland oder das Chaos nach der Bargeldreform in Indien vor kurzem. Wer stundenlang anstehen muss, um mit Glück Kleinstbeträge abheben zu können, ist schnell versucht, seinen Wocheneinkauf einfach mit einigen Gramm Gold zu bezahlen und wer mangels liquider Kunden seine Waren nicht los wird, akzeptiert das alt bewährte Zahlungsmittel sicherlich gerne.
Natürlich blieben im hoch technisierten Deutschland immer noch elektronische Zahlungsmethoden wie Überweisung, EC- und Kreditkarte sowie Paypal. Jedoch hängen diese, wie der Name schon sagt, an einem funktionierenden Strom- und Datennetz. Wer diese Art von Systemausfall kategorisch ausschließt, dem kann ich nur wärmstens das Buch „Blackout“ von Marc Elsberg empfehlen, das nach seinem Erscheinen bis in die höchsten Regierungskreise für Furore gesorgt hat. Es beschreibt ein erschreckend realistisches und gut recherchiertes Szenario eines lang anhaltenden Stromausfalls in Europa und Amerika in Folge eines terroristischen Anschlags. Der Autor zeigt unsere extreme Abhängigkeit von der Technik in nahezu allen Lebensbereichen auf - Fiktion, die hoffentlich nie Wirklichkeit wird.
Weitaus realer sind da schon die erfolgreichen Hacker-Attacken von Anonymus auf die Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard oder der Computerwurm Stuxnet mit Ursprung in den USA, der auf das iranische Atomprogramm zielte. Das Internet hat unsere kritische Infrastruktur verwundbarer gemacht. Zu allem Übel gibt es äußerst konkrete Bestrebungen, das Bargeld mittelfristig abzuschaffen, obwohl es den potentiellen Schaden solcher Systemausfälle nachweislich abmildern würde. Selbst ohne böswillige Angriffe von außen könnte man möglicherweise mit dem Geld auf seinem Konto im Falle einer Währungsreform, Bankpleite, staatlicher Eingriffe oder allgemeinen technischen Versagens von heute auf morgen für unbestimmte Zeit nichts mehr anfangen. Gut beraten ist, wer für solche Fälle ausreichend Geld bevorratet, dass nicht auf Einsen und Nullen im unendlichen digitalen Äther basiert.
Sie sehen also: So unwahrscheinlich all diese Szenarien auch sein mögen, gänzlich ausschließen können und sollten wir Sie nicht. Das Gute ist, dass man als Edelmetallinvestor bereits grundsätzlich die richtige Richtung eingeschlagen hat und nur noch bei den gewählten Stückelungen und Produkten optimieren könnte. Auch der 100 Gramm Barren oder die 1 Unze Krügerrand werden vom Tauschpartner als wertvoll wahrgenommen, aber ob er passend herausgeben kann und möchte, ist fraglich. Haben sie schon einmal versucht, auf dem Wochenmarkt mit einem 500-Euro-Schein zu bezahlen?
Ich erinnere mich an einen Artikel vor einigen Jahren, in dem die florierenden Schwarzmärkte im Iran in Folge der hohen Inflation beschrieben wurden. Gold war dort wie selbstverständlich das alternative Zahlungsmittel der Wahl, da es aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit und Bekanntheit die Funktionen des Geldes am besten erfüllte. Es ist weit verbreitet, leicht zu transportieren, homogen, formbar, beliebig teilbar, ewig haltbar und vor allem besonders werthaltig und wertstabil. Zigaretten und Alkohol erfüllen diese Funktionen zu Teilen ebenfalls, aber lange nicht so gut wie Gold und Silber.
Ob nun im Iran des 20. oder im Venedig des 18. Jahrhunderts – überall dort, wo Tauschhandel betrieben wurde, gab es Geldwechsler. Da diese sich jedoch immer eine stattliche Wechselgebühr einverleibten, war es zumeist von Vorteil, wenn man von vornherein auch kleinere Stücke besaß. Beim heutigen Goldkauf zahlt man für die kleineren Barren und Münzen zwar einen höheren Grammpreis (die Präge- und Handelskosten fallen stärker ins Gewicht), aber dieser ist mit Sicherheit geringer als der Nachteil, der einem durch notgedrungene Wechselgeschäfte entstünde.
Empfehlenswert ist daher ein gute Auswahl an unterschiedlichen Stückelungen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Große Summen sollten natürlich weiterhin in den pro Gramm günstigen Barren und Münzen von einer Unze aufwärts angelegt werden, um möglichst viel „Gold für’s Geld“ zu bekommen. Wer jedoch zusätzlich die Zahlungsmittelfunktion mit abdecken möchte, kommt aus genannten Gründen auch an den kleinen Barren und Münzen nicht vorbei. Konsequent zu Ende gedacht bietet sich sogar ein Schwerpunkt auf die kleinsten verfügbaren Stücke, die 1 Gramm Barren an, da bereits diese einen relativ hohen Wert für ein Zahlungsmittel aufweisen (in etwa Äquivalent zum 50-Euro-Schein). Man kann glücklicherweise die hohen Kosten für die einzeln verpackten Barren umgehen, indem man die deutlich günstigeren Combi-Produkte erwirbt. Wie eine Tafel Schokolade sind diese, bei Ophirum von 1 Unze bis 100 Gramm erhältlichen Goldbarren vorgestanzt, damit man bei Bedarf einfach die kleinen Teilstücke herausbrechen kann.
Silberinvestoren wird diese Entscheidung glücklicherweise von vornherein abgenommen, da die 1 Unzen Münze gleichzeitig auch die günstigste Silberanlage für Privatinvestoren darstellt. Barren sind durch den Steuernachteil selbst in großen Stücken unattraktiv. Als Zahlungsmittel bringen diese Münzen die besten Voraussetzungen mit: Sie liegen bereits millionenfach in deutschen Haushalten und Schließfächern, sind also weit verbreitet, bekannt und verfügbar. Zudem haben sie mit aktuell etwas über 20 Euro eine passende Wertgröße.
Wir werden immer das als Geld verwenden, was praktikabel, verfügbar, werthaltig und allgemein akzeptiert ist. Sollte der Euro dieses Vertrauen oder seine Funktionalität irgendwann verlieren, hätten die beiden historischen Geldmetalle die besten Voraussetzungen, unserer Gesellschaft kurz- und langfristig als rettender Ersatz zu dienen.