Schutz vor Inflation

- 03.12.2022

Sachwerte gelten als Inflationsschutz. Schließlich lassen sich Immobilien, Gold und erstklassige Firmen wie Apple, BMW oder Coca-Cola nicht beliebig vermehren. Das sollte ihnen im Gegensatz zur sich ständig weiter aufblähenden Geldmenge frisch gedruckter Euro, Yen oder US-Dollar Wertstabilität sichern. Um so erstaunlicher, dass der Inflationsschutz der Sachwerte derzeit scheinbar versagt: Bei aktuell rund 10% Inflation müsste eine Geldanlage auf Jahressicht ebenfalls mindestens 10% Rendite erzielt haben, um das Vermögen vor Kaufkraftverlust zu schützen. Das hat aber kein Sachwert geschafft: Gold liegt auf Jahressicht zwar rund 7% im Plus, konnte damit aber die allgemeine Preissteigerung nur teilweise ausgleichen. Immobilien haben sich hierzulande nach zuvor jahrelangem Preisanstieg zuletzt erstmals verbilligt. Und Aktien liegen angesichts Ukraine-Krieg, Energie-Krise und Rezessionssorgen auf Jahressicht gar deutlich näher bei -10% als bei einem für den Inflationsschutz notwendigen Plus von rund 10%. Handelt es sich bei der Inflationsschutz-Funktion von Sachwerten also nur um einen Mythos? Keinesfalls. Der Haken ist, wie so oft bei Grundwahrheiten am Kapitalmarkt, lediglich die Zeitkomponente. Auf Sicht der letzten 20 oder auch 50 Jahre haben sowohl Aktien, Immobilien als auch Gold allesamt klar oberhalb der Inflationsrate rentiert. Aktien brachten es auf Sicht von 20 Jahren bspw. gemessen am DAX auf rund 7,6% pro Jahr - und damit auf fast das Vierfache der Inflationsrate. Ist auch logisch: Inflation bedeutet schließlich allgemeine Preissteigerung und damit auch eine Steigerung von Mieten und Produktpreisen. Diese wiederum beeinflussen den Wert von Immobilien bzw. Aktien. Nach dem Motto: Wenn die Miete sich aufgrund der Inflation in den kommenden 10 Jahren verdoppelt, dann verdoppelt sich damit auch der Wert der Immobilie. Analog dazu die Aktienkurse von Unternehmen wie Apple, BMW & Co., die ihre Preise ebenfalls dank Inflation erhöhen können. Der Grund, weshalb Aktienkurse und Immobilienpreise sich dennoch nicht stets eins zu eins mit der Inflation entwickeln ist, dass die Inflation eben nur eine von mehreren Komponenten bei der Entwicklung von Mieten und Firmengewinnen ist. So können Mieten bspw. aufgrund der Mietpreisbremse nicht immer zeitnah um die Inflationsrate angehoben werden. Und auch die im laufenden Jahr vervierfachten Finanzierungskosten haben kurzfristig einen Einfluß auf die Nachfrage nach Immobilien und damit auf deren Preise. Bei Aktien hingegen sind es Konjunkturentwicklung und allgemeine Börsenstimmung, die Firmengewinne und Aktienkurse kurzfristig beeinflussen. Allerdings überlagern diese temporären Faktoren den langfristigen Wertverfall des Geldes und den daraus resultierenden Aufwärtstrend von Mieten und Firmengewinnen nur kurzfristig. Auf die Dauer bleibt es deshalb dabei, dass Sachwerte vor Inflation schützen. Für Aktionäre bietet sich vor diesem Hintergrund aktuell eine interessante Gelegenheit: Anders als Immobilienpreise haben Aktienkurse im laufenden Jahr bereits deutlich nachgegeben. Gleichzeitig sorgt die hohe Inflation dafür, dass die Firmen ihre Absatzpreise deutlich anheben und so ihre Umsätze und Gewinne kräftig steigern können. Und das dank andauernder Inflation vermutlich noch auf Jahre hinaus. Kein Wunder, daß JP Morgan, die systemrelevanteste Bank der Welt, in ihrer jährlichen Studie zum Kapitalmarkt jüngst zu dem Ergebnis kommt, dass die Langfristaussichten für Anleger derzeit so gut sind, wie seit über zehn Jahren nicht mehr.

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GoldGeldWelt Gastautor

ist Geschäftsführer der TOP Vermögensverwaltung und des Itzehoer Aktien Clubs (IAC). Sein Spezialgebiet sind internationale Qualitätsaktien. Durch jahrzehntelange Erfahrung als institutioneller und privater Investor hat Jörg Wiechmann eine herausragende Kapitalmarktexpertise aufgebaut, die er in seinem IAC Monatsbericht und auf GoldGeldWelt regelmäßig teilt.

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