Noch am 2.Februar erreichte der Goldpreis mit 1.959 US-Dollar den höchsten Wert seit neuneinhalb Monaten. Die Freude über die starke Kurserholung seit Anfang November währte jedoch nicht lange, denn die Bären drückten die Goldnotierungen fast den gesamten Februar über gnadenlos in die Tiefe. Erst am Dienstag dieser Handelswoche erreichte der Goldpreis mit 1.804 US-Dollar (-7,9%) einen Tiefpunkt, von wo aus sich seitdem eine erste Gegenbewegung ihren Weg bahnt.
Der Silberpreis hingegen hatte die starke Erholung bei den Edelmetallpreisen im letzten Herbst als erster antizipiert und konnte sich von seinem Tief am 1.September bei 17,55 US-Dollar sehr zügig um starke 39,7% erholen. Allerdings liefen sich die Silbernotierungen bereits ab Mitte Dezember zunehmend an der Abwärtstrendlinie im Bereich um 24,50 US-Dollar fest. Zu dem eigentlich erwarteten Ausbruch über diesen Widerstand kam es nicht und auch der vermutete Schlussspurt wurde durch den jähen Einbruch beim Goldpreis ab Anfang Februar hinfällig. Stattdessen kam es in den letzten vier Wochen zu einer unerbittlichen Korrektur von über 17%, welche erst am Dienstag bei Tiefstkursen von 20,43 US-Dollar wieder mehr Käufer als Verkäufer am Silbermarkt mobilisierte.
Mit dem deutlichen Rücksetzer hat sich die Lage bei den Edelmetallpreisen sicherlich etwas eingetrübt, allerdings kann man bislang noch von einem gesunden Rücksetzer sprechen. Wichtig ist jetzt, dass die Tiefs vom Dienstag nicht mehr deutlich unterboten werden. Dann stünde einer neuerlichen Erholungswelle nicht viel im Wege, denn die Tagescharts sind überverkauft und liefern seit zwei Tagen neue Kaufsignale.
Fundamental hängen mit den aggressiven Zinserhöhungen sowie den angekündigten Bilanz-Reduzierungen seitens der Notenbanken in den USA und der Eurozone weiterhin zwei stark negative Faktoren über den Märkten. Zwar ist diese Notenbankpolitik bekannt und derzeit halbwegs eingepreist, die schwindende Liquidität im Finanzsystem kann aber trotzdem und jederzeit für neuerliche Verwerfungen sorgen. Ebenso bleibt das Drama in der Ukraine eine große Belastung, zumal in den Medien auf beiden Seiten weiterhin nur Kriegstreibern und Eskalation Raum geboten wird. Dieses geopolitische Pulverfass ist nach wie vor sehr schwer zu kalkulieren.
Positiv für die Edelmetallpreise dürfte jedoch der sich weiter abschwächende US-Dollar sein. Der Trend zur De-Dollarisierung gewinnt weltweit und insbesondere im Mittleren Osten, in Asien und in Afrika zunehmend an Momentum. Außerdem ist die amerikanische Notenbank FED der europäischen Zentralbank EZB im Zinserhöhungs-Zyklus bereits mehr als einen großen Schritt voraus, so dass die Märkte für die USA schon in den kommenden Monaten vermutlich eine Abkehr von der restriktiven Zins- und Geldpolitik einpreisen werden. Daraus würde sich ein gegen den Euro abwertender US-Dollar ergeben.
Obendrein geraten die Anleihenmärkte bei Zinssätzen von über 4,1% für die zehnjährigen US-Staatsanleihen weiter unter Druck. Zwar können neue Gelder nun zu durchaus attraktiven Zinsen angelegt werden, alle längerfristigen Anleihenkäufe der letzten 15 Jahre befinden sich jedoch tief unter Wasser.
Nicht überraschend musste die deutsche Bundesbank daher für das Jahr 2022 einen operativen Verlust von 0,972 Mrd. Euro bekanntgeben. Nur durch die Auflösung von Rückstellungen konnte die schwarze Null beim Gesamtergebnis gehalten werden. Durch die Zinswende und dem starken Anstieg der US-Kapitalmarktzinsen sind im vergangenen Jahr „besondere finanzielle Belastungen“ entstanden, die zu einem Wertverlust der Devisenreserven der Bundesbank führten. Insbesondere hat jedoch die wachsende Lücke zwischen den steigenden Zinsen, die man den Geschäftsbanken für Einlagen zahlen muss, sowie den niedrigeren Erträgen aus dem 1 Billion Euro schweren Anleihe-Portfolio für den ersten operativen Verlust seit den 1970er Jahren gesorgt.
Die Ergebnisse der Bundesbank dienen als warnendes Beispiel. Die Mega-Blase an den Anleihenmärkte ist längst geplatzt und es droht Ungemach. Nur 1% der dort allokierten institutionellen Gelder reichen aus, um den Goldpreis in die Stratosphäre zu schießen. Neben dem schwächeren US-Dollar dürfte der zunehmende Stress an den Anleihenmärkten der zweite große Treiber für die nächste Phase der übergeordneten Edelmetall-Hausse werden.
Silberpreis in US-Dollar, Tageschart – Stabilisierung um die 200-Tagelinie
Silber in US-Dollar, Tageschart vom 2.März 2023. Quelle: Tradingview & Gold.de
Vor vier Wochen sah es noch danach aus, als ob der Silberpreis seine sechswöchige Konsolidierung mit einem Ausbruch nach oben auflösen und gemäß dem saisonalen Muster eine kleine Übertreibung bis zum Frühlingsstart aufs Parkett legen hätte können. Stattdessen ging der Bollinger Band Squeeze jedoch nach unten los und Silber verlor in den letzten Wochen zügig über 17%. Erst knapp unterhalb der 200-Tagelinie (20,97 US-Dollar) fanden sich seit Dienstag, ausgehend von 20,42 US-Dollar, wieder mehr Käufer als Verkäufer.
Erfreulicherweise hat dieser erste „Bounce“ die bärisch eingebettete Stochastik aufgelöst und somit ein Kaufsignal aktiviert. Der Oszillator ist stark überkauft, während das Momentum nun nach oben gedreht hat. Die Chancen stehen damit gut, dass zumindest eine Erholung in Richtung der fallenden 50-Tagelinie (22,91 US-Dollar) gelingen könnte. Dazu könnte die mittlerweile flach verlaufende 200-Tagelinie als Sprungbrett dienen. Kurzfristig sieht es allerdings eher nach einer Konsolidierung um diesen gleitenden Durchschnitt aus, so dass sich der Start einer größere Erholungswelle möglicherweise noch etwas verzögert.
Insgesamt bleiben die Aussichten für die Edelmetallpreise sehr günstig. Bis zum Frühsommer müssen wir aber mit der typischen saisonalen Schwäche und Fehlsignalen rechnen. Sollte der Goldpreis allerdings im 3. oder 4. Quartal 2023 auf neue Allzeithochs ausbrechen wollen, müsste der Rücksetzer eigentlich bereits ausgestanden sein und ein neuerlicher Anlauf in Richtung 1.950 bis 2.050 US-Dollar in den kommenden Wochen bzw. ein bis zwei Monaten folgen. Im Zuge einer Bodenbildung könnte es ganz kurzfristig allerdings durchaus nochmal zu Irritationen kommen.
Der Silberpreis wird sich wie immer am Goldpreis orientieren und wohl erst im späteren Jahresverlauf ein Eigenleben entwickeln können. Die entscheidende Hürde in Form der Abwärtstrendlinie ist aktuell wieder ein gutes Stück entfernt, während die technische Struktur bis zum Frühsommer eine Konsolidierung zwischen 19 und 23 US-Dollar erwarten lässt.
Silber in Euro: Kauflimit unterhalb von bei 20,00 Euro nutzen
Unser Kauflimit bei 20 Euro hat in den letzten Tagen gegriffen. Auf Euro-Basis kam der Silberpreis seit Anfang Februar fast 16,8% zurück und liefert damit endlich wieder eine Kaufchance. Insbesondere ist auch der Wochenchart klar überverkauft! Zwar sind tiefere Kurse bis zum Frühsommer in Richtung des September-Tiefs (17,58 Euro) grundsätzlich möglich, auf dem aktuellen Niveau überwiegen die mittel- bis langfristigen Chancen aber deutlich.
ist Inhaber der Midas Touch Consulting und ein unabhängiger Analyst, Berater sowie Trader und Investor. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung an den Finanzmärkten und hat sich dabei auf die Edelmetalle, Kryptowährungen und technische Analyse spezialisiert. Neben seinen viel beachteten und regelmäßig erscheinenden Gold- und Silberanalysen für pro aurum beschäftigt sich Herr Grummes seit 2013 intensiv mit den Kryptowährungen. Herr Grummes ist dafür bekannt, Markttechnik, Fundamentalanalyse sowie Sentiment in eine stimmige Gesamt-Einschätzung zu bringen.
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