Wie sich Deutschland und Europa schaden – und dabei nicht einmal moralisch handeln

Empörungs-Ökonomie

- 06.08.2022

Ob Klima, Migration, Corona oder aktuell der Ukraine-Krieg: Anstatt die Dinge erstmal in Ruhe zu durchdenken, schlagen wir Deutschen lieber reflexartig mit der Moral-Keule drauf. Kein Greta-Fan? Klimaleugner! Kritiker der Migrationspolitik? Rassist! Corona-ungeimpft? Asozial! Nicht begeistert vom „Frieren für den Frieden“ in der Ukraine? Putin-Versteher und Verräter europäischer Werte!

Im Rest der Welt blickt man kaum derart selbstherrlich durch die Moral-Brille, sondern handelt eher nach dem US-Wahlkampf-Motto „it´s the economy, stupid“, zu Deutsch „es ist die Wirtschaft, Dummkopf“.

Das Problem an der hiesigen Moral- und Empörungs-Ökonomie: Zwischen Moral und Doppelmoral besteht oft nur ein schmaler Grat. Philosophisch betrachtet kann gar derjenige, der die Moralkeule über andere schwingt als unmoralisch gelten, da er sich gegenüber seinen Mitmenschen selbst erhöht. Hinzu kommt: Selten führen auf reflexhafter Empörung basierende Entscheidungen zu ökonomisch vorteilhaften Ergebnissen.

Der vom Westen geführte Wirtschaftskrieg gegen Russland mag angesichts des Angriffs auf die Ukraine moralisch nachvollziehbar sein, bringt absehbar aber nicht das erhoffte Ergebnis: ein Einlenken Russlands. Stattdessen steigen Zerstörung und Zahl der Opfer in der Ukraine täglich. Auch schadet sich Europa mit seinem Sanktions-Krieg zunehmend selbst. Hierzulande gehen Energiepreise und Inflation durch die Decke und der Euro in den Keller. Russlands Rubel hingegen ist 30% teurer als vor dem Krieg.

Hierzulande bibbern Bürger und Wirtschaft vor dem Gasnotstand im Winter. Angesichts bevorstehender Energiekostennachzahlungen von mehreren Tausend Euro pro Haushalt steht gar der soziale Frieden auf dem Spiel. Schließlich haben geschätzt 20 Millionen Haushalte in Deutschland schon jetzt am Ende des Geldes noch Monat übrig und kaum Ersparnisse.

Russland hingegen profitiert von hohen Energiepreisen und verkauft sein Öl eben an andere: Gerade ist das Land zum größten Öl-Lieferanten Chinas aufgestiegen. Auch Indien kauft in Massen billiges Russen-Öl – und hat seine Öl-Exporte in die EU zu höheren Marktpreisen gleichzeitig fast verdreifacht. Selbst Saudi-Arabien, weltgrößter Öl-Produzent, hat seine Öl-Importe aus Russland verdoppelt - und verkauft umso mehr Öl teuer nach Europa. Ein erst durch die EU-Sanktionen mögliches neues Geschäftsmodell, das man als „Öl-Wäsche“ oder auch Kriegs-Neudeutsch als „Öl-Ringtausch“ bezeichnen kann. Und eine klare Win-Win-Loose-Situation mit Europa als Verlierer - nicht nur wirtschaftlich.

Hatte nicht Saudi-Arabien, das jetzt teilweise unsere russischen Öl-Lieferungen ersetzt, den Journalisten Khashoggi in Istanbul brutal zerstückeln und verschwinden lassen? Und ist nicht Katar, wo Wirtschaftsminister Habeck kürzlich um Ersatz für das fehlende russische Gas bitten musste, ein Land, das seine Gastarbeiter wie Sklaven hält – und von denen allein seit Vergabe der Fußball-WM laut „The Guardian“ bis zu 6.500 umgekommen sind? Moralisch liegt da einiges im Argen.

Andererseits: Wollten wir Öl und Gas nur aus Ländern beziehen, die unsere europäischen Werte teilen, gingen hier schnell die Lichter aus. Da sie das angesichts drohendem Gasnotstand auch so bald tun könnten, sollten Anleger ihr Vermögen international streuen. Das Gas, welches uns in Europa dank Empörungs-Ökonomie fehlt, ist im Rest der Welt nämlich jetzt umso üppiger vorhanden. Und die USA können zufällig gerade alles liefern, was Europa derzeit braucht: Kriegsgerät, Agrargüter und Flüssiggas. Gegen teure Dollar versteht sich. It´s the economy, stupid

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GoldGeldWelt Gastautor

ist Geschäftsführer der TOP Vermögensverwaltung und des Itzehoer Aktien Clubs (IAC). Sein Spezialgebiet sind internationale Qualitätsaktien. Durch jahrzehntelange Erfahrung als institutioneller und privater Investor hat Jörg Wiechmann eine herausragende Kapitalmarktexpertise aufgebaut, die er in seinem IAC Monatsbericht und auf GoldGeldWelt regelmäßig teilt.

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