Federal Reserve

Geopolitische Risiken bedrohen globales Finanzsystem

GoldGeldWelt Redaktion - 24.10.2023

Stehen die globalen Finanzmärkte vor einer kritischen Zuspitzung? Die Kombination aus ausufernden Haushaltsdefiziten in den USA, geopolitischen Spannungen, bleibenden Inflationsrisiken und der zunehmend durchschlagenden Wirkung der strafferen Geldpolitik birgt Risiken, meint die Federal Reserve.

Die US-Notenbank Federal Reserve sieht in den aktuellen geopolitischen Spannungen eine politische Bedrohung für das globale Finanzsystem. In der vergangenen Woche warnte die Zentralbank in ihrem zweimal jährlich erscheinenden Finanzstabilitätsbericht vor den Risiken: Höhere Inflation, langsameres Wirtschaftswachstum, sinkende Vermögenswerte und Verluste für Unternehmen und Investoren.

Geopolitische Risiken nicht nur im Nahen Osten

Die Sorgen der Notenbank richten sich dabei offensichtlich nicht nur in Richtung des Nahen Ostens. Vielmehr spricht die Notenbank im Plural von Konflikten, deren Eskalation die Wirtschaftsaktivität verringern und die Inflation anheizen könne. Zudem gebe es „andere geopolitische Spannungen“, die ähnliche Risiken mit sich brächten. Insbesondere warnt die Notenbank vor längeren Störungen der Lieferketten sowie Produktionsunterbrechungen.

Die Fed sieht einen „Rückzug aus der Risikobereitschaft“. Dieser betrifft offensichtlich nicht nur die Aktienmärkte. In den letzten Wochen sind die Anleiherenditen deutlich gestiegen – zehnjährige US-Titel kratzten zeitweilig an der Marke von 5 %. Die Märkte preisen damit die Erwartung ein, dass der Leitzins über einen längeren Zeitraum hoch bleiben wird. Grund dafür ist die robuste Entwicklung der US-Konjunktur.

Doch Jérôme Powell deutete auch ein weiteres Problemfeld an: Die Märkte könnten sich stärker auf die US-Schuldenlast fokussieren. In der vergangenen Woche hatte das US-Finanzministerium über das Defizit im Ende September abgelaufenen Fiskaljahr berichtet. Nicht weniger als 1,7 Billionen USD lagen die Ausgaben der öffentlichen Hand in den USA über den Einnahmen. Dies entspricht einem Anstieg um 300 Milliarden USD gegenüber dem Vorjahr.

„Echtes“ US-Defizit steigt von 1 Billion auf 2 Billion

Doch dieses Defizit ist verzerrt – die Neuverschuldung liegt eigentlich noch höher. Der Grund: Die US-Regierung hat im vergangenen Jahr ein Programm zum Erlass von Studienschulden im Umfang von 379 Mrd. US-Dollar erlassen. Diese Kosten waren im Fiskaljahr 2022 verbucht worden.

Im Juni 2023 erklärte der Supreme Court das Schuldenstreichungsprogramm für unzulässig. Das Finanzministerium verbuchte deshalb 333 Milliarden USD als Ausgabenkürzungen für August 2023. Ohne diese Verzerrung wäre das Defizit im Fiskaljahr 2022 mit einer Billion etwas geringer ausgefallen. 2023 aber – das die Märkte sehr viel stärker interessiert – wäre ohne diesen Effekt ein Defizit von 2 Billionen USD angelaufen.

Die ausufernden Schulden in Verbindung mit den steigenden Zinssätzen sorgen zunehmend für Unruhe. Der Internationale Währungsfonds etwa äußerte kürzlich gegenüber der „Financial Times“, dass ein erhöhtes Risiko irgendeiner Art von Konsequenzen bestehe.

Die Federal Reserve warnt vor einer unerwartet hartnäckigen Inflation. Müssten die Zentralbanken die Zinsen anders als bislang erwartet weiter anheben, führe dies zu einer erhöhten Marktvolatilität und einer erheblichen Konjunkturabschwächung. In einem solchen Szenario würde zudem die Kreditvergabe versiegen. Vor allem bonitätsschwächere Haushalte und Unternehmen müssten dann Ausgaben kürzen.

Bankensystem solide – aber…

Grundsätzlich hält die Notenbank das Bankensystem für „insgesamt solide“. Viele Verbraucher und Unternehmen hätten sich in einem Umfeld steigender Zinssätze als widerstandsfähig erwiesen. Bei Banken seien bislang nicht flächendeckend höhere Zahlungsausfälle registriert worden.

Aber: Bestimmte Kreditnehmer bekommen die Belastungen zu spüren. Als gefährdet gilt etwa der Gewerbeimmobiliensektor. Dieser könnte zu erheblichen Verlusten für Banken und Versicherungsunternehmen führen. Diese Kreditgeber wiederum könnten die Kreditvergabe weiter einschränken.

David Solomon, Vorstandsvorsitzender von Goldman Sachs, befürchtet, dass die geldpolitische Straffung mit einiger Verzögerung doch noch zu Ausgabenkürzungen bei den Verbrauchern führen könnte. So habe sich seinen Gesprächen mit CEOs zufolge insbesondere „in letzten acht Wochen“ die Situation in vielen Bereichen verschlechtert.

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