Altersrückstellungen

Zinswende bedeutet Geldsegen für PKV: Sinken jetzt die Beiträge?

GoldGeldWelt Redaktion - 19.05.2023

Die Privaten Krankenversicherer sitzen auf Alterungsrückstellungen von 320 Mrd. EUR. Durch die Zinswende wirft das Mega-Portfolio wieder höhere Renditen ab. Sinken dadurch die Beiträge für Privatversicherte?

Die PKV ist 2023 teurer geworden: Versicherte mussten laut PKV-Verband im Durchschnitt 3,7 % mehr bezahlen. Die Erhöhung liegt damit etwas über dem langfristigen Trend: „Zwischen 2013 und 2023 sind die Beitragseinnahmen in der PKV je Versicherten um durchschnittlich 2,8 Prozent pro Jahr gestiegen“, rechnet der Verband auf seiner Homepage vor.

320 Mrd. EUR im PKV Kapitalstock

Im Jahr 2021 lagen die Beitragsunternehmen der privaten Krankenversicherer bei 45,4 Mrd. EUR. Darin enthalten sind die Prämien für Krankenvoll- und Zusatzversicherungen und Pflegepflichtversicherungen.

Doch die Prämien sind nicht die einzige Einnahmequelle. 2021 flossen den Versicherungsunternehmen knapp 9,5 Mrd. EUR in Form von Kapitalerträgen zu. Diese Erträge werden mit einem rund 320 Mrd. EUR schweren Kapitalstock erzielt.

Der Hintergrund: Die privaten Krankenversicherer bilden sogenannte Alterungsrückstellungen. Da die Versicherten mit steigendem Lebensalter im Durchschnitt höhere Ausgaben benötigen, fließt ein Teil der Prämie in solche Puffer. Mit den Rückstellungen werden Beitragserhöhungen in steigendem Lebensalter abgemildert. 2021 flossen 31,2 % der Beitragseinnahmen in solche Alterungsrückstellungen.

Die Versicherer legen das Geld am Kapitalmarkt an – und mussten infolge der Niedrigzinsphase sinkende Erträge in Kauf nehmen. Die PKV-Durchschnittsverzinsung lag 2021 noch bei 2,66 % - nach 4,6 % im Jahr 2005. Die Zinswende könnte nun die Kapitalerträge der Unternehmen deutlich steigern. Die Gretchenfrage für PKV-Versicherte: Sinken dadurch die Prämien?

Wie stark könnten die Erträge im PKV-Portfolio steigen?

Das Potenzial möglicher künftiger Beitragssenkungen- oder Dämpfungen ergibt sich aus dem Potenzial für höhere Renditen im „PKV-Portfolio“. Dieses Potenzial wächst aus zwei Gründen nicht in den Himmel.

Erstens – und davon konnte die Rendite in den vergangenen Jahren profitieren – tätigen die Versicherer viele sehr langfristige Anlagen. Anleihen mit jahrzehntelanger Restlaufzeit schütten auch nach der Zinswende nicht mehr aus als früher.

Zweitens entfällt rund ein Drittel des Portfolios auf Aktien, Investmentanteile und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere. Ein Teil davon könnte in Anleihen mit variabler Verzinsung bestehen und damit von steigenden Zinsen profitieren. Aktien und andere eigenkapitalähnliche Beteiligungen werfen in einem Umfeld höherer Zinsen dagegen eher niedrigere Erträge ab.

Was bedeuten höhere Zinsen für die Prämien konkret?

Im Jahr 2021 beliefen sich die Leistungsausgaben der PKV auf 31,83 Mrd. EUR. 29,86 Mrd. EUR davon entfielen auf die Kranken- und 2,15 Mrd. EUR auf die Pflegeversicherung. Ausgehend von einem Portfolio im Wert von 320 Mrd. EUR würde eine Erhöhung der jährlichen Erträge um einen Prozentpunkt also zu Mehreinnahmen von 3,2 Mrd. EUR führen. Damit könnten rechnerisch rund 10 % der Leistungsausgaben von 2021 gedeckt werden.

Ob es dadurch zu Entlastungen bei den Prämien kommt, ist allerdings ungewiss. Im vergangenen September gab Holger Eich, Geschäftsführer und Chef-Mathematiker im PKV-Verband eben diesem Verband ein Interview. Er bekräftigte dabei zwar, dass die Entlastung durch einen höheren Zins auch bei den Versicherten ankomme: „Darauf achten auch die Treuhänder“.

Eine andere Frage sei jedoch, „ob die Kunden das auch in Form einer Beitragssenkung spüren“. Dies hänge von der Gesamtentwicklung ab. „Die Inflation, der medizinisch-technische Fortschritt, aber auch die ungewissen Folgen des Krieges in der Ukraine machen Beitragsanpassungen in Zukunft wahrscheinlich.“ Mit anderen Worten: Die Prämien steigen trotzdem, aber nicht ganz so stark.

Höhere Zinsen kommen nicht sofort bei den Versicherten an

Bis das höhere Zinsniveau in größerem Umfang auf die Erträge der Rückstellungsportfolios der Versicherer durchschlagen, wird es zudem eine gewisse Zeit dauern, da jedes Jahr nur ein geringer Teil der Anlagen fällig und anschließend reinvestiert wird. Ein Teil der auslaufenden Anleihen stammt zudem noch aus anderen Zeiten und brachte bislang hohe Erträge, so dass sich zumindest kein positiver Effekt einstellt.

Der PKV-Verband kommentiert die Zinswende auf seiner Homepage aber grundsätzlich positiv: „Mit der nun eingeleiteten Zinswende der EZB werden Privatversicherte mittelfristig auch wieder von wachsenden Zinserträgen profitieren“.

Dass es für Prämiensenkungen reicht, erscheint angesichts der hohen Inflation unwahrscheinlich. Es könnte in Zukunft aber länger dauern, bis bei der Beitragskalkulation ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird. Versicherer dürfen Beiträge nur anpassen, wenn es zur Überschreitung eines solchen Schwellenwertes kommt. Dann aber werden alle beitragserhöhenden Umstände gleichzeitig berücksichtigt. Deshalb kommt es in der PKV mitunter zu starken Beitragsanhebungen.

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