Obama Administration und Federal Reserve

Das ewig gleiche Lied

- 08.06.2016

Nachdem Gold und Silber im überraschend schwachen Mai fast ein Drittel ihrer bis dahin sehr überzeugenden Jahresgewinne wieder abgeben mussten, konnten beide Metalle den Juni mit einer beeindruckenden Aufholjagt beginnen. Sie bestätigen damit den intakten Aufwärtstrend seit der Bodenbildung im Dezember letzten Jahres. Obwohl im blasenübersäten, hochgradig krisengefährdeten Niedrigzinsumfeld nahezu alles für deutlich höhere Notierungen spricht, war und ist es weiterhin die erwartete Leitzinsanhebung in den USA, die die Märkte zögern lässt.

Stehen, wie Ende letzten Jahres und im Mai diesen Jahres, die hervorgehobenen Zeichen mal wieder auf Stabilität und Wachstum, stellt die Federal Reserve sogleich höhere Leitzinsen in Aussicht. Dies soll Anlagen in US Dollar attraktiver machen und hätte somit negative Folgen für das zinslose Gold- und Silberinvestment. So zumindest lautet die Theorie, nach der die Spekulanten an den Papiergoldmärkten ihre Einsätze platzieren und damit kurzfristig die Preise wesentlich beeinflussen. Erstaunlicher Weise verschlechterten sich anschließend oftmals die Daten recht plötzlich und unerwartet, so dass die Fed die groß angekündigte Zinsanhebung erneut aufschieben musste. Nach mittlerweile zwei Jahren angekündigter Zinswende ist auf diese Weise bis Dato lediglich ein unbedeutender Zinzschritt in Höhe von 0,25 % im Dezember letzten Jahren heraus gekommen.

Es ist bei diesem verbalakrobatischen Jojo-Spiel schon verwunderlich, dass die Märkte überhaupt noch Folge leisten. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Spekulanten, im Gegensatz zu fast allen anderen Edelmetallkäufern, nicht auf langfristige Vermögenssicherheit, sondern auf kurzfristige Gewinne aus sind. In dieser Welt werden veränderte Daten binnen weniger Millisekunden ausgewertet und die erwarteten Auswirkungen auf die Kurse sofort eingepreist. Die zu Grunde liegenden „Marktgesetze“ und die Realitätsnähe der Daten müssen dabei gar nicht hinterfragt werden, denn der Markt macht bekanntlich immer das, was der Markt vom Markt erwartet – selbsterfüllende Prophezeiungen per Definition.

Langfristige, systembedingte Fehlentwicklungen und wachsende Risiken, wie derzeit die beängstigenden Blasen an den Anleihe- und Derivatemärkten oder der drohende Schuldenkollaps in China, scheinen in diesem System chronisch unterschätzt, übersehen oder sogar geleugnet zu werden, solange die Musik nur weiterspielt. Diese „naive Regeltreue“ begründet sich mit Sicherheit unter anderem darin, dass ein Großteil der „Big Player“ unter den Spekulanten überhaupt nicht mehr am Markt wäre, hätten die Zentralbanken und die Staaten sie in der Krise nicht großzügig gerettet. Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing...

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es daher äußerst gefährlich für Anleger sein, den Verlautbarungen der verantwortlichen Akteure blind zu vertrauen. Als mahnendes Beispiel sei hier der damalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke angeführt, der noch zu Beginn des Jahres 2007 keinerlei Immobilienblase erkennen konnte und stabiles Wachstum für die US-Wirtschaft in Aussicht stellte, während sich die Sub-Prime Krise bereits mit aller Wucht ihren Weg bahnte. Als Hauptverantwortliche für die Entstehung dieser Blase ist es wenig verwunderlich, dass die Fed deren Existenz willentlich „übersah“ – ein Interessenskonflikt, wie er im Buche steht. Auch die oben als „Big-Player“ erwähnten Großbanken verteilten weltweit bis zum Schluss ihre toxischen Kreditbündel an die ahnungslosen Investoren. Teilweise vorsätzlich, wie die inzwischen geleisteten Milliarden außergerichtlicher Vergleichszahlungen an geschädigte Kläger belegen.

Geschichte wiederholt sich zwar nie zu 100 Prozent, aber sie „reimt“ sich öfter, als wir es wahrnehmen. Das vielbesungene Jobwunder und der solide Konjunkturaufschwung in den USA decken sich einfach nicht mit der niedrigsten Erwerbsquote seit 1970 (62,6%) und 45 Millionen Beziehern von Lebensmittelmarken. Das Absinken der Arbeitslosenquote auf 4,7 Prozent wurde nicht etwa durch den Aufbau zusätzlicher Arbeitsplätze erreicht, sondern nur durch das angeblich „freiwillige“ Ausscheiden von Millionen Amerikanern aus der arbeitstätigen Bevölkerung. Gleichzeitig wurden gut bezahlte Vollzeitstellen durch Teilzeit- und Niedriglohn-Jobs ersetzt.

Es ist also ein gesundes Misstrauen angebracht, wenn die Verantwortlichen der Obama Administration und der Federal Reserve ihr statistisch erzwungenes Lied vom ewigen Aufschwung anstimmen. Achtsame Anleger könnten die gleiche Melodie und sehr ähnliche Textpassagen wie in der Vorkrisenzeit 2007 wiedererkennen. Ich für meinen Teil bin des Ohrwurmes schon lange überdrüssig und richte mein Anlageverhalten lieber an den tatsächlichen Risiken und der wirtschaftlichen Realität aus. Die Frage ist nicht ob, sondern wann diese die Finanzakteure das nächste Mal einholen wird.

Bis dahin hören Sie lieber ebenfalls auf Ihre innere Stimme.

Weitere relevante Beiträge zu diesen Themen finden Sie unter  USAFederal ReserveGoldSilberNullzinsQEBlase  und  Zinsen .

GoldGeldWelt Gastautor

ist Diplom-Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Filialleiter eines Edelmetallhändlers in Hamburg. Seine Spezialgebiete sind physische Edelmetallinvestments, sowie Blockchain und Kryptowährungen. In seinen Marktanalysen beleuchtet er das wirtschaftspolitische Big Picture.

Fed senkt Zinsen

US-Hypothekenzinsen steigen in Richtung 7 %

Sorgen wegen XXL-Defizit

Goldpreis steigt, Bondkurse fallen: Die Inflation ist noch nicht vorbei

Aktienmärkte

Sentiment und Insider-Transaktionen sprechen für Korrektur

Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte

Die hier angebotene Berichterstattung stellt keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung von Wertpapieren dar und ist weder explizit noch implizit als Zusicherung etwaiger Kursentwicklungen zu verstehen. Die Munsch International LTD und ihre Autoren schließen jede Haftung diesbezüglich aus. Die Berichterstattung dient ausschließlich der Leserinformation und stellt zu keinem Zeitpunkt eine Handlungsaufforderung dar. Zwischen der Munsch International LTD und den Lesern der von ihr veröffentlichten Artikel entsteht keinerlei Beratungsverhältnis. Die Berichterstattung bezieht sich lediglich auf die jeweils genannten Unternehmen, nicht aber auf eine individuelle Anlageentscheidung. Laut §34b WpHG möchten wir darauf hinweisen, dass Partner, Autoren, Mitarbeiter und sonstige Bekannte der Munsch International LTD Wertpapiere der jeweils angesprochenen Unternehmen halten können und den Handel mit diesen Wertpapieren beabsichtigen, wodurch ein Interessenskonflikt bestehen kann. Ferner kann zwischen den hier erwähnten Unternehmen und der Munsch International LTD ein Beratungs- oder sonstiger Dienstleistungsvertrag bestehen oder bestanden haben, womit ebenfalls ein Interessenkonflikt besteht. Da wir zu keinem Zeitpunkt ausschließen können, dass auch andere, Medien, Research- und Börseninformationsdienste die von uns erwähnten Werte im gleichen Zeitraum besprechen, kann es zu einer symmetrischen Informations- und Meinungsgenerierung kommen. Eine Veränderung, Verwendung oder Reproduktion dieser Publikation ohne eine vorherige schriftliche Zustimmung von der Munsch International LTD ist untersagt. Bitte lesen Sie auch unsere vollständigen AGB und Disclaimer.

Top informiert, clever investiert

Über 150.000 Leser kennen GoldGeldWelt. Erhalten Sie kostenfrei die neusten Artikel aus der Redaktion und zeitkritische Informationen zu Aktien unserer Watchlist.

Durch Klick auf die Schaltfläche erklären Sie sich mit unseren AGB und Datenschutzbestimmungen einverstanden.

Folgen Sie uns auf Social Media
Gerichtsprozess des Jahrzehnts

Wird Alphabet zerschlagen?

Kupfer, Nickel und PGE-Metalle

PTX Metals holt Know-how ins Boot und startet metallurgische Testarbeiten

Gewinnen mit Goldaktien

Der Masterplan für ein erfolgreiches Investment in Goldaktien und Rohstoffaktien. Lernen Sie in diesem exklusiven Spezialreport welche 10 Punkte Sie unbedingt beachten müssen bevor Sie investieren:

Hier Ebook als PDF downloaden