Die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank hoben in der vergangenen Handelswoche ihren Leitzins um jeweils 25 Basispunkte auf eine Spanne zwischen 5,25% (FED) und 4,25% (EZB) an, was längst an den Börsen eingepreist war. Nachdem jedoch auch das US-Bruttoinlandsprodukt mit annualisierten 2,4% stärker ausfiel als die erwarteten 1,8%, kam es zu einem Abverkauf am Gold- und Silbermarkt am Donnerstagnachmittag. Der Goldpreis fiel dabei vom Tageshoch um 40$ auf 1.942$ und der Silberpreis verlor 1,1$ auf 24,10$. Wichtige Unterstützungen wurden dabei gebrochen und die Bären gewinnen erneut die Oberhand.
Der Zinsanhebungszyklus der Notenbanken neigt sich ihrem Ende zu.
US-Notenbankchef Jerome Powell und EZB-Chefin Lagarde wollen beide datenabhängig über einen weiteren Zinsschritt zur Sitzung im September entscheiden. Bis dahin stehen noch zwei Arbeitsmarktberichte und zweimal Inflationszahlen an, die die Märkte stark beeinflussen werden. Nach den Fed Funds Futures liegt die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Zinsschritt in den USA aktuell bei 18%.
Lagarde war in ihrer Pressekonferenz hingegen dovisher und die Märkte glauben aktuell, dass es in Europa keinen weiteren Zinsschritt mehr geben wird. Der Euro, der in einer Kaufpanik in der vorletzten Woche noch bei 1,13$ handelte, fiel wieder zurück auf die Unterstützung bei 1,10$. Der vom Markt totgeglaubte US-Dollar erholte sich hingegen wie der Phönix aus der Asche und stieg diametral gegensätzlich um 3% auf 102 Punkte bis an einen mittelfristigen Abwärtstrend im USD-Index an. Kann dieser Abwärtstrend in den nächsten Wochen überwunden werden, so würde ein Short-Squeeze beim US-Dollar den Goldpreis mit hoher Wahrscheinlichkeit zurück auf die Unterstützung bei 1.900$ drücken.
Kurzfristig wäre es jedoch denkbar, dass die Dollar-Bären versuchen den Abwärtstrend zu halten und diametral gegensätzlich die Euro-Bullen bei 1,10$ einen erneuten Angriff starten.
Der US-Dollar stieg wieder an den Abwärtstrend an.
Der Euro fiel zurück auf 1,10$. Fällt diese Unterstützung, dann trübt sich das charttechnische Bild stark ein.
Angesichts der Gemengelage aus einem stärkeren US-Dollar, starken Wirtschaftsdaten, Zinsanhebungen und der Aussicht auf weitere Zinsschritte hielt sich der Goldpreis in der letzten Woche überraschend stark. Auch ein stärkerer Rückgang wäre hier denkbar gewesen. Es ist möglich, dass diese Stärke aktuell auf der noch andauernden Euphorie der letzten Monate gründet und Spekulanten ihren Einsatz nun erhöhen. Dies würde jedoch einen umso starken Abverkauf in den kommenden Tagen und Wochen nach sich ziehen, wenn sich die Hoffnungen der Bullen in Luft auflösen und aufgrund einer ausbleibenden Rallye entnervt beginnen das Handtuch zu werfen.
Die Goldminen mussten sogar in Minus von 2,7% verbuchen.
Der Anstieg des Goldpreises von 1.600$ auf 2.000$ basierte auf der Annahme einer bald wieder lockereren Geldpolitik durch Zinssenkungen sowie eines QE-Programms in Erwartung einer neuen Bankenkrise. Die einen glauben, die Zinsen würden bald gesenkt werden, weil die Inflationsraten rückläufig sind und die Wirtschaft stark sei und die anderen glauben eine Rezession würde die Fed zu einer Zinssenkung zwingen. Ich kann beiden Vorstellungen nur wenig abgewinnen und erwarte vielmehr neue QE-Programme zur Stabilisierung eines gewissen Zinsniveaus und zur weiteren Rekapitalisierung des Kreditgeldsystems beim Auftreten einer Rezession. Da das Kreditgeldsystem heute viel besser kapitalisiert ist als 2008, können es sich die Notenbanken leisten zumindest für eine gewisse Zeit eine deflationäre Phase zuzulassen, bevor sie mit dem erneuten Drucken von Geld aus dem Nichts reagieren. Neue QE-Programme wären natürlich bullisch für den Goldpreis, doch bis es so weit kommt, könnten die Zinsen auf hohem Niveau länger verharren, als sich das die meisten Investoren aktuell vorstellen können.
Nur wenige glauben, dass die Zinsen für längere Zeit auf diesem hohen Niveau bleiben werden und so gut wie niemand kann sich vorstellen, dass diese inflationsinduziert vielleicht sogar weiter angehoben werden müssen, nach einem neuerlichen QE-Programm. Auch Anfang der siebziger Jahre hätte sich wohl niemand erträumt, dass es drei Inflations- und Zinsanhebungswellen bis auf 20% geben würde. Entweder es kommt mit neuen QE-Programmen als Reaktion auf eine Rezession zu einer neuen Welle oder aber die Fed lässt den Markt in einem deflationären und rezessiven Umfeld absaufen, was nicht nur die Aktienmärkte, sondern auch den Gold- und Silberpreis unter Druck bringen würde.
Während ich Ende 2019 sofortige QE-Programme als Antwort auf die damals unmittelbar bevorstehende Kredit- und Wirtschaftskrise prognostizierte, könnte ich mir diesmal vorstellen, dass die Notenbanken der Deflation erst etwas Zeit geben, bevor sie neue Liquidität ins System pumpen werden. Auf Sicht der nächsten Jahre bin ich sehr optimistisch für die Edelmetallpreise und Minenaktien, doch kurzfristig sollte man demütig bleiben und beherzigen, dass Schmerzen für Spekulanten und Investoren gerade am Edelmetall- und Minenmarkt regelmäßig maximiert werden, bevor eine neue Rally erfolgt. Da ich auf Sicht von 1-2 Jahren sehr bullisch bin, sehe ich in deutlichen Rücksetzern in den nächsten Wochen und Monaten die Chance für günstige Käufe. Sollte der Goldpreis ohne neue Faktoren in den nächsten Wochen schon über 2.000$ ausbrechen, so müsste man sich die Frage stellen, ob eine neue große Krise womöglich bereits in naher Zukunft liegt.
Technische Analyse zu Silber: Bären gewinnen erneut die Oberhand
Terminmarkt: COT-Report
Der COT-Report wird immer freitags seitens der US-Terminmarktaufsicht (CFTC) veröffentlicht, wobei der Stichtag der Datenerhebung der Schlusskurs vom Dienstag ist. Die COT-Daten werden also immer mit einer Verzögerung von drei Tagen veröffentlicht. Premium Abonnenten von Blaschzok Research erhalten vor Handelsschluss am Freitag ein Blitzupdate mit Analysen zu Gold, Silber und Platin. Die COT-Daten ermöglichen einen Blick in die Zukunft, da sie einerseits ein Sentiment-Indikator sind und andererseits eine gute Einschätzung des Angebots und der Nachfrage am physischen Markt ermöglichen. Mit ihnen hat man einen Vorteil im Trading am Rohstoffmarkt.
COT-Daten für Silber vom 28. Juli:
Die neuesten Terminmarktdaten zeigten einen Preisrückgang um 41 US-Cent und die Spekulanten gingen mit 7 Tsd. Kontrakten Short. Auch das erscheint eine neutrale Wochenentwicklung zu sein. Der COT-Index OI verbesserte sich dabei um 9 Punkte auf 23, was auch gut ist. Dennoch ist ein COT-Index bei 23 Punkten ein überkauftes Niveau und birgt die Gefahr starker und schneller Rücksetzer, so wie wir es in der letzten Handelswoche sahen. Beim Silber haben die BIG4 ihre Shortposition um 5 Tage reduziert. Ein Ausbremsen war nicht nötig, was eher für ein Überangebot am physischen Markt spricht aktuell.
Ebenso wie beim Gold, müssen wir uns beim Silber auf eine weitere Korrektur einstellen. Nach den Terminmarktdaten ist noch viel Potenzial für einen weiteren Preisrückgang vorhanden, bevor der Markt bereinigt ist und wir wieder mit einem guten Chance-Risiko-Verhältnis (CRV) kaufen können. Bleiben in den nächsten Monaten die Zinsen hoch, der Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsdaten noch stark, während die Aktienmärkte weiter haussieren, dann könnte es zu einer starken Bereinigung der Spekulation am Terminmarkt kommen mit einem entsprechenden Rückgang des Silberpreises.
Die Spekulanten am Terminmarkt für Silber sind noch immer sehr bullisch positioniert.
Die Zinsanhebungen und gute Wirtschaftszahlen aus den USA waren die Ursache für einen Preisrückgang um über einen US-Dollar bei Silber in der letzten Handelswoche. Positiv ist, dass ein Aufwärtstrend am Silbermarkt noch immer intakt ist. Risiken sind einerseits das sehr bullische Sentiment und andererseits die aufziehende Rezession, die die Nachfrage nach Silber abschwächen sollte, sowie ein wieder stärkerer US-Dollar. Weiterhin ist das spekulative Interesse an Silber drastisch eingebrochen, da andere Märkte in den letzten Monaten bessere Renditen für Spekulanten boten.
Bei 22$ liegt eine wichtige Kreuzunterstützung, die wahrscheinlich noch einmal getestet wird in den nächsten Wochen. Sollte diese nach unten durchbrochen werden, wären sogar noch einmal 20$ oder gar 18$ denkbar. Mit einer Rezession kommen zusätzliche Risiken auf Spekulanten zu. Die Risiken überwiegen kurzfristig die Chancen. Im besten Fall ist eine trendlose Seitwärtsbewegung zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit für eine Rallye erscheint gegenwärtig eher gering.
Ein Aufwärtstrend ist noch intakt.
Der Abwärtstrend konnte Mitte Juli gebrochen werden, worauf es zu Short-Eindeckungen kam und dabei auch der Widerstand bei 24,50$ überwunden werden konnte. Bei 25,50$ bildete sich jedoch ein tieferes Hoch aus und mittlerweile fiel der Silberpreis zurück unter die 24,50$ Marke. Ein kurzfristiger Aufwärtstrend verläuft unmittelbar unterhalb der aktuellen Notierung bei 24,25$. Bricht dieser, so wäre die Falltür erst bis auf 23,15$ und dann auf 22$ auf. Oberhalb von 24,50$ ist Silber neutral und darunter ist es Short.
Unter 24,50$ ist Silber Short.
Langfristige Analyse
Silber handelte über fünf Jahre hinweg in einer Handelsspanne zwischen 14$ auf der Unterseite und 19$ auf der Oberseite. Seit dem bullischen Ausbruch Mitte 2020 ist das langfristige Chartbild grundsätzlich bullisch.
Charttechnisch war der Preisrückgang auf 18$ im letzten Sommer im Langfristchart ein idealtypischer Rücksetzer an den vorherigen langjährigen Abwärtstrend, von dem der Silberpreis wieder abgeprallt und folgend wieder angestiegen war. Silber konnte bereits aufgrund der Hoffnung auf neue quantitative Lockerungen und Zinssenkungen in 2023 wieder ansteigen und so in die Handelsspanne zwischen 22$ und 28$ zurückkehren.
Im nächsten Jahr ist ein Ausbruch über 28$ wahrscheinlich, worauf ein Anstieg auf 36$ folgen sollte, sobald die Notenbanken wieder mit neuen QE-Programmen auf eine wirtschaftliche Kontraktion reagieren.
Sobald die Rezession offen zutage tritt, wäre ein nochmaliger Preisrückgang möglich. Bricht der Aufwärtstrend, wäre ein Test der Unterstützung bei 18$ wahrscheinlich. Sobald die Notenbanken jedoch wieder Geld drucken, werden erst Gold und danach Silber neue Allzeithochs in den nächsten Jahren erreichen. Dann wird die Nachfrage nach Gold und auch Silber als sicherer Hafen vor Inflation stark ansteigen. Es dürfte sich dann über einige Jahre hinweg ein Defizit am physischen Markt entwickeln, welches den Silberpreis weit über sein nominales Allzeithoch bei 50 US-Dollar tragen wird.
Das langfristige Chartbild ist immer noch bullisch.
Markus Blaschzok, Dipl.-Betriebswirt (FH), CFTe, ist Autor eines bekannten Finanzmarktkommentars mit dem Schwerpunkt auf Gold und Rohstoffe sowie eines Premium-Informationsdienstes für Händler und Investoren. Seit 2015 ist er zudem Chefanalyst bei der GoldSilberShop.de GmbH. Der frühe Verfechter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, der bereits 2007 seine Diplomarbeit über diese ökonomische Denkrichtung schrieb, verfolgt einen ganzheitlichen Analyseansatz..
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