GoldGeldWelt Redaktion
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21.12.2015
Was Frau Merkel leider zu einer Gefahr für Europa macht ist nicht primär ihre Flüchtlingspolitik, sondern eine Eigenschaft, die sie mit den meisten anderen Politikern teilt: Sie versteht unser Geldsystem nicht.
Aalglatter Profi auf internationaler Bühne...
Frau Dr. Angela Merkel ist als deutsche Spitzenpolitikerin unter ständiger Beobachtung. Damit spiele ich nicht nur auf die NSA an, sondern auf die Medien im Allgemeinen. Sie weiß genau: Eine unbedachte Äußerung oder Geste und sie macht sich für Empörung in der Opposition (und in der eigenen Partei), für Kritik in TV und Zeitungen und für Häme im Internet angreifbar. Spätestens seit ihrer ersten Kanzlerkandidatur hat sie sich daher eine gut geölte Rüstung aus political correctness angelegt.
Phrasen die zu jedem Thema passen, wie "Wir müssen in dieser Sache Geschlossenheit zeigen" und ihre charakteristische, immergleiche Handgeste (die sie sicherlich einem Coach zu verdanken hat) machen sie jetzt zwar zum Ziel für spitzzüngige Politkabarettisten wie Volker Pispers, insgesamt ist ihr Verhalten jedoch hochprofessionell und für eine internationale Politikbühne angemessen.
... die es jedem recht machen will
Viel mehr gestört hat mich bei Frau Merkel seit jeher ihr Bestreben, es jedem recht zu machen. Die USA haben über die NSA nicht nur die Bundesregierung und zahlreiche Abgeordnete ausspioniert, die NSA hatte sogar Zugriff auf Merkels Privat-Handy. Ihre Reaktion fiel (zugegeben überspitzt dargestellt) etwa so aus: "Können wir vielleicht ein No-Spy-abkommen machen? Nein? Bitte? Ok dann nicht. Entschuldigung, dass ich gefragt habe." Das Thema Spionage bei Verbündeten musste inzwischen anderen Skandalen in der medialen Aufmerksamkeit weichen und scheint vergessen und vergeben.
Ihre 180-Grad Wende von der Atomenergie-Befürworterin zur Verfechterin des kompletten Atomausstieges nach der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 kann man mit vielen Argumenten kritisieren oder befürworten.
goldgeldwelt.de Artikel: Kernenergie hat eine strahlende Zukunft (Juli 2015)
Die Fähigkeit Sachlagen ständig neu zu bewerten, die eigene Meinung zu hinterfragen und notfalls zu ändern, empfinde ich generell als eine positive Eigenschaft. Jedoch schien Frau Merkel stets wie ein Fähnlein im Wind zu flattern. Auch in anderen Belangen, z. B. in der Eurokrise, folgte sie zunächst einem klaren Kurs und trat schließlich den Rückzug in die entgegengesetzte Richtung an. Lange konnte ich unsere Kanzerlin überhaupt nicht einschätzen, weil sie sich immer nach der allgemeinen Stimmung zu richten schien. Ist das ein Zeichen von Weisheit oder von Planlosigkeit?
Sie will Europa und seine Werte bewahren...
In jüngster Zeit scheint sich das Profil unserer Kanzlerin zu schärfen. Sie verteidigt immer wieder öffentlich die europäischen Werte und plädiert für Zusammenhalt. Ihr liegt mehr daran möglichst vielen vom Krieg verfolgten Flüchtlingen zu helfen, als an ihrem eigenen Ansehen innerhalb Deutschlands. Wir schaffen das...
Während die Zustimmung zu ihrer Politik in Deutschland vor allem durch die Flüchtlingsdebatte immer weiter sinkt, wächst ihr internationales Ansehen kontinuierlich. Auch wenn Sie den Preis schließlich nicht zugesprochen bekommen hat, Frau Merkel war für den Friedensnobelpreis 2015 nominiert. Das Magazin Forbes kürte sie zudem neulich zum zweitmächtigsten Menschen der Welt (hinter Vladimir Putin).
... aber unterstützt dessen Zerstörung
Ich möchte in diesem Artikel gar nicht auf den Euro eingehen, obwohl Frau Merkel auch diese Einheitswährung für ungleiche Wirtschaftsräume unterstützt, was nach Ansicht vieler führender Ökonomen ein irrsinniges Experiment mit vorbestimmtem Ausgang ist. Vielmehr werfe ich Frau Merkel als zweitmächtigste Person der Welt stellvertretend für die Mehrheit unserer Politiker etwas viel schlimmeres vor: Die Unterstützung von Notenbanken.
Notenbanken wurden aufgrund der Annahme des Keynesianismus gegründet, dass die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zentral gesteuert werden sollte, um Preisstabilität zu erhalten. Bei Bedarf wird die Wirtschaft durch vermehrte Staatsausgaben und durch expansive Geldpolitik belebt. Ein wichtiger Grund, dass dieses System nicht dauerhaft funktioniert ist ganz einfach: Expansion macht mehr Spaß als Rezession. Die staatlich gewollte Interventionspolitik von Notenbanken läuft langfristig immer zugunsten von Wirtschaftswachstum. Durch langfristig übergewichteten monetären Stimulus im Gegensatz zu kontraktiver Geldpolitik entstehen immense Finanzblasen.
Eine sehr große Blase drohte während der Finanzkrise im Jahr 2008 zu platzen. Weltweit mussten sich Politiker wie Frau Merkel und Notenbanker wie Mario Draghi entscheiden, ob sie die Blase platzen lassen (mit verheerenden wirtschaftlichen Folgen einer finanziellen Kettenreaktion) oder ob sie die Blase wieder aufblasen, vergrößern und das Problem verschlimmern und in die Zukunft verschieben. Unsere Politiker haben sich für die zweite Option entschieden und die Wirtschaft "gerettet".
Professor Bert Rürup spricht in seiner Analyse für das Handelsblatt Research Institute (Link unten) über Panikentscheidungen vor dem Hintergrund des drohenden globalen Kollapses des Finanzsystems. Er sagt "es waren aus heutiger Sicht die richtigen Entscheidungen". Ich widerspreche vehement! Ich empfehle an dieser Stelle den Spiegel-Bestseller von Matthias Weik und Marc Friedrich "Der Crash ist die Lösung: Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten."
Die "Rettung" unseres Finanzsystems ist der größte Bärendienst, den unsere Politiker uns erweisen konnten, denn das Problem kann durch Notenbankinterventionen nicht mehr gelöst, sondern nur aufgeschoben und verschlimmert werden. Die jüngste minimale Zinserhöhung der Fed halte ich für einen Bluff, keine nachhaltige Zinswende. Eine echte Zinswende ist aufgrund des deflationären Druckes erst nach dem Crash wieder möglich. Die Fed spielt Poker, um Glaubwürdigkeit zu demonstrieren, die längst verloren ist. Die EZB reagiert erfahrungsgemäß etwas verzögert, steht aber auch mit dem Rücken an der Wand.
Die EZB überschreitet derzeit übrigens bei weitem ihr Mandat, indem die nichtstaatliche Institution mit selbstgemachtem ungedeckten Giralgeld(!) Staatsschulden insolventer Länder wie Griechenland (sogenannte Schrottanleihen) kauft, um den Crash weiter hinauszuzögern und zu verschlimmern.
Im Sommer habe ich mich mit meiner Unterschrift einer Runde Wirtschaftsprofessoren angeschlossen und die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt (die EZB kann nicht direkt vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt werden, die Kanzlerin nur indirekt, da sie als Bundestagsabgeordnete über Indemnität verfügt). Die Klageschrift führt auf, dass die EZB vertragswidrig monetäre Staatsfinanzierung betreibt und ihre Kompetenzen überschreitet, indem sie eigenständig wirtschaftspolitische Maßnahmen durchführt. Vielleicht sollten sich mehr Politiker mit der österreichischen Schule beschäftigen...
Quellen und Links
Handelsblatt Research Institute: Geldpolitik: Unabhängige Notenbanken - ein Auslaufmodell? (Sept. 2015).
Freitum:
Was lehrt die österreichische Schule (Teil 1) (April 2013).
ALFA:
Bürgerklage gegen die Bundesregierung (Juni 2015).