Zeitenwende

- 07.01.2023

Hätte man lediglich ein Wort, um das Börsenjahr 2022 zu beschreiben, böte sich das jüngst zum Wort des Jahres Gekürte an: Zeitenwende. Nicht nur, dass mit dem Ukraine-Krieg eine Zeitenwende in der Geo-Politik einhergeht. Auch an den Kapitalmärkten kam es zu einer solchen: Abzulesen an der auf Rekordniveau gestiegenen Inflation. Diese wiederum brachte eine historische Zinswende: Im Jahr 2022 erhöhte die US-Notenbank FED ihren Leitzins von 0,25% auf 4,5% im Rekordtempo. Das wiederum brachte eine Zeitenwende bei den Vermögenspreisen: Nach über 10 Jahren Immobilien-Boom kam es ab Mitte 2022 erstmals zu bundesweit fallenden Wohnungspreisen. Zinspapiere - eine der ertragsschwächsten, dafür aber schwankungsärmsten Anlageklassen – erlebten einen historischen Crash und verloren klar zweistellig. Auch Aktien kamen nicht ungeschoren davon: Der neue Zins-Gegenwind drückte die Kurse weltweit gemessen am MSCI World Index fast 20% ins Minus. Die Gewinner der Vorjahre, allen voran US-Technologie-Aktien, standen gemessen am Nasdaq-Index mit rund 33% Verlust ganz vorne auf der Verliererliste. Am härtesten traf es die Krypto-Vermögenswerte: Deren zuvor hochgejubelte Leitwährung Bitcoin wurde 2022 zur Leid-Währung und verlor rund zwei Drittel an Wert. Im IAC hatten wir bereits in unserem Börsen-Ausblick für 2022 vor rund einem Jahr vor einem Wetterumschwung aufgrund von Inflation und Zinswende gewarnt. Entsprechend defensiv haben wir unseren Club-Fonds mit seinen internationalen Qualitätsaktien durch das Börsenjahr navigiert. Zwar konnten wir uns der Zeitenwende und dem damit verbundenen starken Gegenwind für alle Vermögenspreise nicht ganz entziehen. Mit einem Jahresergebnis von lediglich rund -7% haben wir den Börsen-Sturm 2022 jedoch angesichts ansonsten auf breiter Front klar zweistelliger Verluste vergleichsweise gut überstanden. Die große Frage lautet nun: War es das bereits mit der Zeitenwende? Wir glauben nicht. Zwar werden sich Inflation und Zinsanstieg 2023 wohl vorerst entspannen. Zeitenwende bedeutet aber eben auch, dass wir in eine neue Ära eintreten: Sorgte in der letzten Dekade die ausufernde Geldpolitik für hohe Vermögenspreisinflation – sprich: steigende Preise von Immobilien, Aktien usw. - bei gleichzeitig niedriger Verbraucherpreisinflation, wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren umkehren. Hohe Verbraucherpreisinflation sowie in der Folge steigende Löhne und Zinsen bedeuten schließlich weiterhin Gegenwind für Vermögenspreise. Für Anleger, die wie wir im IAC in der letzten Dekade ihr Vermögen mit Aktien verdoppelt und verdreifacht, oder auch solche, die vom Immobilienboom profitiert haben, geht es deshalb nun vor allem darum, die erzielten Vermögensgewinne bestmöglich zu erhalten. Welche Herausforderung das Jahr 2023 dabei angesichts drohender Rezession bringt, wird sich zeigen. Die gute Nachricht: Aufgrund der teils erheblichen Kursverluste im Jahr 2022 ist die Bewertung von Aktien mittlerweile wieder im günstigen Bereich angekommen. Zudem profitieren Aktien langfristig von Inflation, weil Unternehmen ihre Preise in einem inflationären Umfeld schneller steigern können. Auf Sicht von 5 bis 10 Jahren winken mit Aktien daher durchaus attraktive Renditen. Den DAX sehen wir beispielsweise bis 2030 von aktuell rund 14.000 Richtung 25.000 Punkte steigen. Ob auf dem Weg dorthin das Jahr 2023 nochmal holprig wird oder nicht, kann niemand vorhersehen - es muss den langfristig orientierten Aktienanleger aber auch nicht interessieren.

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GoldGeldWelt Gastautor

ist Geschäftsführer der TOP Vermögensverwaltung und des Itzehoer Aktien Clubs (IAC). Sein Spezialgebiet sind internationale Qualitätsaktien. Durch jahrzehntelange Erfahrung als institutioneller und privater Investor hat Jörg Wiechmann eine herausragende Kapitalmarktexpertise aufgebaut, die er in seinem IAC Monatsbericht und auf GoldGeldWelt regelmäßig teilt.

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