GoldGeldWelt Redaktion
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03.05.2022
Es hätte der größte Börsengang der Geschichte werden sollen. 34 Milliarden US-Dollar waren als Gewinn eingeplant. 5,6 Milliarden mehr als Aramco 2019 bei seinem IPO einnahm. Doch nur wenige Tage vor dem geplanten Börsengang, im Oktober 2020 kam es zur Eskalation. Jack Ma, Gründer und Hauptaktionär der Ant Group, äußerte sich negativ über die Kommunistische Partei Chinas und kritisierte die Regulierungsbehörden wegen ihres Fokus auf Risikominimierung. In der Folge wurden hochrangige Ant-Führungskräfte zu einem Treffen mit verschiedenen Regierungsvertretern eingeladen, die ihre „Ansichten über die Gesundheit und Stabilität des Finanzsektors“, erläuterten. Nach dem Treffen und zwei Tage vor dem geplanten Börsengang, wurde das Angebot wegen „wichtigen Problemen“ von der Shanghaier Börse ausgesetzt.
Der abrupte Stopp des Börsengangs der Alibaba-Tochter war der Auftakt einer Auseinandersetzung zwischen der chinesischen Regierung und der Internetbranche des Landes, die im Verlauf des Jahres 2021 den gesamten Plattformsektor auf Talfahrt schickte.
Big Tech in China: ein Rückblick
Im Jahr 2000 waren nur 1,8 Prozent der chinesischen Bevölkerung online. Heute sind es mehr als 70 Prozent. Unternehmen wie Alibaba, Tencent und Baidu befeuerten dieses Wachstum und profitierten davon gleichermaßen. Dabei investierte diese neue Generation digitaler Kapitalisten im Lauf der Jahre stark in Forschung und Entwicklung. Alibaba verfügt bspw. über einen modernen Campus im Yuhang-Bezirk in Hangzhou und rekrutiert ausländische Talente. Tencent hat ähnliche Standorte in Guangzhou und Shenzhen. In der Folge konnten so vergleichsweise wenig Unternehmen in China eine neue digitale Form der Wirtschaft aufbauen, die heute schätzungsweise 36,2 % des BIPs ausmacht. Dabei bemühten sich die Unternehmen den Idealen der KP zu entsprechen und nicht ins Fadenkreuz der Behörden zu geraten. Sie halfen beim Aufbau eines technokratischen Überwachungsmodells, investierten massiv in Gesichtserkennungssoftware und halfen bei der Entwicklung des Sozialkreditsystems. Obwohl bereits 2007 ein Anti-Monopol-Gesetz verabschiedet wurde, ließ die sonst so regulierungsfreudige Regierung im Gegenzug die Big Techs des Landes gewähren. Bis Sie es eben nicht mehr tat.
Big-Tech-Regulierungen in China
Im November 2020 begannen die chinesischen Behörden den Internetsektor durch Strafen und neue Gesetze verschärft ins Visier zu nehmen. Immer wieder wurden Bußgelder wegen Irregularitäten im Zusammenhang mit vergangenen Firmenzusammenschlüssen ausgesprochen. Neue Gesetze wurden verabschiedet, die gängige Geschäftspraktiken über Nacht unmöglich machten. Im April 2022 musste Alibaba eine Strafe von umgerechnet 2,8 Milliarden US-Dollar zahlen, weil Händler, die über den Alibaba-Marktplatz Waren verkaufen keine Verträge mit anderen Händlern eingehen durften. Kurz nach dem der Ridesharing-Anbieter DiDi in New York an die Börse ging, musste er seine App aus Gründen des Datenschutzes vom chinesischen Markt nehmen. Im August traf es vor allem den Technologie-Giganten Tencent, der etwa ein Drittel seines Umsatzes durch Videospielangebote verdient. Die Regierung verabschiedete ein Gesetz, wodurch Minderjährige unter 18 Jahren nur noch freitags, samstags, sonntags und an Feiertagen zwischen 20 und 21 Uhr online spielen dürfen. Und das sind nur einige der Maßnahmen, die oft auch durch diffamierende Berichte in der staatstreuen Medienlandschaft begleitet wurden.
Kehrtwende bei Alibaba, Tencent & Co.?
Am 29.4.2022 zeigte sich das Politbüro der Kommunistischen Partei dann unerwartet versöhnlich. In einer Erklärung nach der vierteljährlichen Wirtschaftssitzung unter dem Vorsitz von Präsident Xi Jinping, wurde die Umsetzung von Maßnahmen, einschließlich Steuer- und Gebührensenkungen versprochen, um ein gesundes Wachstum der Internetplattformunternehmen zu unterstützen. In der Folge konnten die Werte chinesischer Technologie Aktien auf breiter Front Boden gut machen, da viele Anleger erwarten, dass die Zeit des harten Durchgreifens vorbei ist. Sollte sich diese Hoffnung bewahrheiten, ist es bei dem Kursverfall der letzten Monate besonders vielversprechend jetzt vom Aufwärtstrend bei China Aktien zu profitieren.
Aufwärtstrend bei China Aktien – Die Einzelwerte
Alibaba Group (WKN: A117ME ISIN: US01609W1027)
Alibaba wurde 1999 von 18 Personen unter der Leitung des ehemaligen Englischlehrers Jack Ma, der heute der reichste Mann Chinas ist, gegründet. Was als E-Commerce-Plattform begann, ist heute ein sektorenübergreifender Digital-Konzern, der ähnlich wie Amazon auch Clouddienstleistungen und digitale Medien anbietet.
Ihren höchsten Wert erreichte das Papier an der New Yorker Börse am 27.10.2020 mit 319,31 US-Dollar. Am 29.04.2022 schloss der Kurs bei 97,09. Die Differenz von fast 70 Prozent zeigt das Potential, sollte sich der Aufwärtstrend bei China Aktien bewahrheiten.
Tencent Holdings Ltd. (WKN: A1138D ISIN: KYG875721634)
Im Zentrum von Tencent stehen die Dienste WeChat und sein Pendant für den ostasiatischen Raum QQ. Was als Kurnachrichtendienst begann ist mittlerweile ein komplexes digitales Ökosystem. So kann man mit diesen Diensten durch einen integrierten Browser im Internet surfen, kontaktlos bezahlen, Musik und Filme streamen und online spielen.
Auch diese Aktie bietet eine Gelegenheit von einem möglichen Aufwärtstrend bei China-Aktien zu profitieren. Ihren Höchstwert erzielte die an der Technologiebörse NASDAQ gehandelte Aktie am 09.02.2021 bei 99,79 US-Dollar. Am 29.04.2022 schloss die Aktie bei 46,95 US-Dollar, was nur noch 47 Prozent ihres einstigen Werts entspricht.
Baidu Inc (WKN: A0F5DE ISIN: US0567521085)
Baidu wurde im Jahr 2000 als Internetsuchmaschine gegründet und begann 2010 sich auf den Bereich der künstlichen Intelligenz zu konzentrieren. Heute ist Baidu eines der weltweit führenden KI-Unternehmen, welches über eine offene KI-Plattform unterschiedliche Anwendungen ermöglicht. Zudem ist das Unternehmen auch im Bereich des autonomen Fahrens tätig und entwickelt eigene KI-Chips.
Den Höchstwert erreichte die NASDAQ-Aktie am 22.02.2021 bei einem Wert von 354,82 US-Dollar. Am 29.04.2022 schloss das Papier bei nur noch 124,17. Sollte sich der Aufwärtstrend bei China Aktien bewahrheiten, so zeigt eine Lücke von 65 Prozent das Potenzial.
JD.Com Inc (WKN: A112ST ISIN: US47215P1066)
Am 18.Juni 1998 investierte der Gründer Richard Liu sein Erspartes, um auf vier Quadratmetern in Peking ein Elektronikgeschäft zu eröffnen. Als 2003 SARS ausbrach nutzte er die Gelegenheit und verlagerte sein Geschäft ins Internet. Mittlerweile ist JD.COM eine der führenden E-Commerce-Plattformen Chinas und bietet zudem ausgefeilte Logistiklösungen an. Bereits 2016 begann JD.com bspw. ländliche Regionen Chinas mit Drohnen zu beliefern.
Die Aktie erreichte am 17.02.2021 an der Technologiebörse NASDAQ ihren bisherigen Höchstwert von 108,28 US-Dollar. Am 29.04.2022 schloss das vom Aufwärtstrend bei China Aktien betroffene Papier bei 61,66 US Dollar, was einer Differenz von 43,06 % entspricht.
DiDi Global Inc (WKN: A3CTLG ISIN: US23292E1082)
DiDi ist eine weltweit führende Plattform für Mobilitätsdienstleistungen, die am ehesten mit Uber vergleichbar ist. Das Unternehmen bietet in China und 17 weiteren Ländern eine breite Palette App-basierter Shared-Mobility-Lösungen sowie Kurierdienste an.
Die Aktie wird erst seit dem 30.06.2021 an der Wall Street gehandelt und notierte am gleichen Tag auch Ihren bisherigen Höchstwert von 16,94 US-Dollar. Kurz darauf musste das Unternehmen seine App in China vorübergehend vom Markt neben, was den Kurs ins Bodenlose stürzen ließ. Am 29.04.2022 schloss die Aktie bei einem Wert von nur 1,88 US-Dollar. Im Falle eines tatsächlichen Aufwärtstrends bei China Aktien könnte der Verlust von fast 89 Prozent schnell wieder wett gemacht werden.
Fazit: Ob sich der Aufwärtstrend bei China Aktien tatsächlich bewahrheitet und sich die Regierung länger versöhnlich mit dem Internetsektor zeigt, bleibt abzuwarten. Ein Investment zum jetzigen Zeitpunkt in die chinesische Internetbranche bietet allerdings gerade jetzt viel Potenzial. Die Maßnahmen der Regierung haben flächendeckend zu hohen Kursverlusten geführt, obwohl es sich dabei um Unternehmen handelt, die wegen der COVID-Pandemie eigentlich zu den Gewinnern hätten zählen müssen. Die harten Lockdown-Maßnahmen in China, könnten jetzt bei weiteren positiven Nachrichten von Seiten der Regierung ein wahres Kursfeuerwerk entfachen. Dennoch ist Vorsicht geboten, denn über allen Unternehmen der Branche schwebt das Damoklesschwert weiterer Restriktionen.