Steigende Zinsen

Immobilien: Konzerne suchen händeringend Käufer

GoldGeldWelt Redaktion - 05.01.2023

Verschlechterte Sicherheiten, steigende Finanzierungskosten: Die Zinswende bringt Immobilienkonzernen nach Jahren des billigen Geldes buchstäblich Probleme ins Haus. Die Preise in den Portfolios bröckeln, Verkäufe verzögern sich – und Leerverkäufer lauern bereits auf ihre Chance.

Egal ob Vonovia, Deutsche Wohnen oder Auroundtown: Aktien von Immobilienkonzern konnten im Zuge der Niedrigzinsphase über Jahre deutlich zulegen.

2021 verdiente Vonovia etwa 5,5 Milliarden vor Steuern. 2011 – am Beginn der liquiditätsgetriebenen Immobilienhausse – freute sich das Unternehmen bei der Vorstellung des Geschäftsberichts noch über ein EBITDA von „mehr als einer halben Milliarde Euro“. Der Aktienkurs konnte sich zeitweise mehr als verdreifachen. Nun wendet sich das Blatt.

Sorge vor Bilanzkorrekturen

Durch die steigenden Zinsen gerät der Immobilienmarkt insgesamt unter Druck. Wohnimmobilien könnten 2023 um 6 % billiger werden – dieses Szenario hält jedenfalls die DZ Bank für plausibel. Auch andere Prognosen halten sinkende Preise für plausibel. Langfristig könnten die Preise im Vergleich zum Jahr 2022 je nach Prognose und Szenario um 15-25 % fallen.

Charts von Vonovia, Deutsche Wohnen und Aroundtown (Tradingview.com)

Der Grund liegt auf der Hand: Mit steigenden Zinsen schrumpft das Budget der Hauskäufer. Statt weniger als 1 % wie noch Anfang 2022 müssen Immobilienkäufer nun wieder rund 4 % zahlen. Weitere Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sind aufgrund der hohen Inflation zu erwarten. Deshalb dürften auch die Immobilienkreditzinsen weiter steigen. Werte um 5 % im Laufe  des Jahres 2023 sind sehr wahrscheinlich.

Für die Immobilienkonzerne sind sinkende Immobilienpreise besonders riskant. Vonovia und Co. realisieren Bewertungsverluste nicht nur bei einem tatsächlichen Verkauf, sondern müssen regelmäßig die Buchwerte ihrer Portfolios ausweisen. Diese Buchwerte dienen schließlich als Sicherheit für Finanzierungen bei Banken oder über den Anleihemarkt.

Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass Immobilienkonzerne  ihre Portfolios in diesem Jahr korrigieren müssen. Dabei gilt: Je früher vergangene Wertgewinne bilanziert wurden, desto größer ist nun das Korrekturpotenzial nach unten. Die Korrekturen drücken auf das Ergebnis. Egal ob Vonovia, Aroundtown oder Deutsche Wohnen: In diesem, spätestens aber im nächsten Jahr werden die Konzerne Verluste im dreistelligen Millionen- oder sogar niedrigen Milliardenbereich ausweisen.

Weniger Sicherheit, steigende Zinsen: Konzerne müssen Immobilien verkaufen

Die Kombination aus einem geringeren Wert der Sicherheiten und steigenden Zinsen zwingt die Konzerne zum Verkauf von Teilen ihrer Portfolios. Diese Verkäufe fallen in einer Marktsituation, in der die Käufer ausbleiben. Vonovia etwa will 49 % des Wohnungsportfolios von Südewo verkaufen. Das Unternehmen war vor einigen Jahren übernommen worden.

Offenbar waren die Gebote nicht besonders attraktiv. Vonovia will nun jedenfalls den Verkauf zurückstellen. Das „Handelsblatt“ zitiert das Immobilienanalyseunternehmen Green Street, das den Grund dafür in einem Festhalten des Vonovia Managements an „veralteten Buchwerten“ sieht.

Wie groß die Belastungen für die Branche sind, zeigt ein Blick auf die Aktienkurse. Der DAX hat in den letzten zwölf Monaten gut 10 % an Wert verloren. Die Vonovia Aktie (WKN: A1ML7J, ISIN: DE000A1ML7J1) gab dagegen um rund 50 % ab. Die Aktie der Deutsche Wohnen (WKN: A0HN5C, ISIN: DE000A0HN5C6) fiel um rund 44 %, die Aktie von Aroundtown (WKN: A2DW8Z, ISIN: v) um 54 %. Die Aktie der Adler Group (WKN: A14U78, ISIN: LU1250154413) gab sogar um mehr als 86 % nach.

Zu hohe Buchwerte: Shortseller auf der Lauer

Die hohen Buchwerte rufen offenbar auch Shortseller auf den Plan. So berichtete „Capital“ Ende Dezember, dass mindestens fünf Immobilienunternehmen von großen Leerverkäufern öffentlich kritisiert würden.

Dazu gehören dem Blatt zufolge neben der Adler-Group auch die britischen Civitas Social Housing und Home REIT sowie der schwedische Vermieter Samhallsbyggnadsbolaget i Norden (SBB) und Vivion Investments, das Hotels und Büros in Deutschland und im Vereinigten Königreich besitzt.

Vivion etwa wird vorgeworfen, Hotels durch verbundene Unternehmen betreiben zu lassen und diesen überhöhte Mieten in Rechnung zu stellen, die dann wiederum für eine höhere Bewertung genutzt werden. SBB soll die relative Verschuldung zu niedrig angegeben haben.

Einzelne Entwicklungen in Unternehmen sind jedoch nicht die Ursache des Problems. Entscheidend ist die lockere Geldpolitik der EZB, die über lange Zeit am Anleihemarkt agiert und dadurch die Refinanzierung auch hoch bewerteter Immobilien leicht gemacht hat.

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