GoldGeldWelt Redaktion
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13.03.2023
Silicon Valley Bank, Signature Bank und Silvergate: Gleich drei Bankpleiten in den USA erinnern an das Lehman-Desaster. Bislang scheinen vor allem Institute aus der zweiten Reihe betroffen. Doch in den Bilanzen der US-Banken lauern durch die Zinswende Bewertungsverluste von 620 Mrd. USD. Ein kleines Who-Is-Who der aktuellen Pleitewelle.
Silicon Valley Bank: Kunden ziehen an einem Tag 10 Mrd. USD ab
Die Silicon Valley Bank, eine Tochter der SVB Financial Group (WKN: A0ET46, ISIN: US78486Q1013) hatte sich auf die Finanzierung von Start-Ups spezialisiert und zählte in diesem Segment rund 30.000 Kunden. Der Marktanteil im Silicon Valley lag bei mehr als 25 %.
Die Schieflage des Instituts wurde Anfang März deutlich. Durch steigende Zinsen stieg der Liquiditätsbedarf vieler Kunden der Bank deutlich: Es kam zu Mittelabflüssen. Startups sehen sich im neuen Zinsumfeld einer schwierigen Finanzierungsituation gegenüber.
Mit den kurzfristig fälligen Einlagen der Kunden hatte die Bank jedoch länger laufende Anleihen – zum Beispiel US-Staatsanleihen – gekauft.
Deren Marktwert war aufgrund der Zinswende deutlich gesunken. Um den Liquiditätsbedarf zu decken, musste zu den niedrigen Kursen verkauft werden – was zu einem Nachsteuerverlust von 1,8 Milliarden USD führte.
Die Lösungsstrategien des Instituts führten dann ins Nichts. Eine Kapitalerhöhung mit Stammaktien und wandelbaren Vorzugsaktien sollte 2,25 Milliarden USD einbringen. Die Ankündigung führte dann zum Absturz der Aktie.
Am Freitag hatte die US Einlagensicherungsbehörde FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) mit Verweis auf mangelnde Liquidität und Zahlungsfähigkeit die Assets des Instituts in Zwangsverwaltung genommen. Am Sonntag teilte die Behörde mit, die Bank geschlossen zu haben. Alle Kunden sollten jedoch bereits am Montag vollständigen Zugang zu ihren Geldern erhalten.
Signature Bank
Dasselbe gilt für die Kunden der Signature Bank (WKN: A0B9ZR, ISIN: US82669G1040). Beide Institute wurden in einer gemeinsamen Erklärung durch Finanzministerium, Notenbank und FDIC als systemisches Risiko eingestuft.
Die Signature Bank wurde mittlerweile durch die New Yorker Finanzbehörden ebenfalls geschlossen und steht nun unter FDIC Kontrolle. Der Grund für die Pleite ist ein massenhafter Abzug von Kundengeldern. Das Institut ist stark in Geschäfte mit Kryptowährungen involviert
Laut Wall Street Journal hat auch der Kollaps der Silicon Valley Bank zur Pleite der Signature Bank beigetragen. Doch auch die starke Exposition im Krypto Banking hat die Pleite forciert, nachdem die US-Finanzaufsicht verstärkt gegen verschiedene Geschäftsmodelle des Sektors vorgegangen war.
Signature erlitt laut Vorstandsmitglied Barney Frank am Freitag einen Bankrun in Milliardenhöhe. Die Kunden „fühlten sich bei großen Banken wohler“. Die Panik sei durch die Silicon Valley Bank entstanden. „Bis zu den letzten Stunden am Freitag ging es uns gut.“ An jenem Tag wurden rund 10 Milliarden USD abgehoben. In Dezember 2022 lag die Summe der Einlagen des Instituts bei 89 Milliarden USD.
Signature wurde 2001 gegründet und war als Full Service Geschäftsbank aktiv. Ab 2018 expandierte das Institut zunehmend in den Kryptobereich. Im Februar 2023 entfielen mehr als 30 % der Einlagen des Instituts auf diesen Sektor.
Dies Signature Bank hielt auch die Reservegelder des durch Circle verwalteten Stablecoins USDC. Das Engagement im Kryptobereich war zuletzt zunehmend kritisiert worden. Unter anderem äußerte die Financial Times Sorgen angesichts der Tatsache, dass die Signature Bank als Bankpartner von acht der zwölf größten Kryptobroker tätig war.
Silvergate Bank
Die Silvergate Bank (WKN: A2PCBX, ISIN: US82837P4081) – gegründet 1988 – stieg 2016 ins Kryptogeschäft ein. 2021 wollte das Institut auch einen eigenen USD Stablecoin einführen und kaufte dafür im Januar 2022 die Diem-Technologie von Meta für rund 200 Millionen US-Dollar.
Doch zum Stablecoin kam es nicht mehr: Nachdem Ende des letzten Jahres zunehmend Zweifel an der Stabilität des Instituts aufkamen, gab die Silvergate Bank am 08. März die Einstellung ihres Betriebs und ihre eigene Liquidation bekannt.
Grund für die Zweifel an der Stabilität waren die Kursrückgänge am Kryptomarkt und der Zusammenbruch vieler Börsenplätze wie zum Beispiel FTX. Im Dezember 2022 verfügte das Institut nur noch über Einlagen im Wert von 3,8 Milliarden USD.
Aktien kleinerer Banken brechen ein – Vorbote für neue Finanzkrise?
Die US-Börsen eröffneten am Montag insgesamt freundlich. Die meisten Indices lagen moderat im Plus, die Kurse von US Staatsanleihen stiegen deutlich. Auch der Bitcoin Kurs legte deutlich zu. Die Aktien kleinerer Banken gerieten jedoch erheblich unter Druck.
Allen voran verlor die Aktie der First Republic Bank, die bereits im vorbörslichen Handel um rund 60 % nachgab (und aus Sicht eines Monats rund 78 % an Wert verloren hat). Am Sonntag hatte das Institut sich offenbar genötigt gefühlt, die eigene Stabilität zu versichern. Das Institut verfüge über mehr als 70 Milliarden USD ungenutzte Liquidität aus Vereinbarung mit der Federal Reserve und J.P. Morgan. Die Anleger überzeugte dies offenbar nicht.
Hohe Verluste erlitten auch die Aktien von PacWest Bank, Western Alliance Bank, Zions Bank und Key Corp. Auch die Aktien größerer Banken gaben nach – allerdings nicht annähernd so umfangreich wie die Papiere kleinerer Institute.
Politik und Behörden beschwichtigen – und sind nun versucht, Ansteckungsgefahren zu unterbinden. In einem „Lehman-Szenario“ könnte auch anderen Banken das drohen, was der Silicon Valley Bank widerfuhr: Akuter Liquiditätsbedarf in Verbindung mit nicht realisierten Verlusten im Anleihebestand.
Diese nicht realisierten Verluste sind harmlos, solange die Wertpapiere nicht verkauft werden müssen (auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind davon betroffen). Bei einem Notverkauf droht jedoch eine Abwärtsspirale.
Die Börsen-Zeitung berichtet unter Berufung auf die FDIC, dass sich die nicht realisierten Verluste der US-Banken im Schlussquartal 2022 auf 620 Mrd. USD belaufen hätten – nach 8 Mrd. im Vorjahresquartal…