Bankaktien verlieren nach russischem SWIFT-Ausschluss

Warum die Commerzbank für Anleger interessant bleibt

GoldGeldWelt Redaktion - 03.03.2022

Nachdem Deutschland und die USA mit weiteren westlichen Verbündeten den SWIFT-Ausschluss wichtiger russischer Banken beschlossen hatten, fielen am selben Tag die Aktien der Deutschen Bank um 5,20 Prozent und die der Commerzbank um 7,33 Prozent. Die Commerzbank (WKN: CBK100) verlor damit mehr als die meisten anderen westeuropäischen Banktitel. Für Anleger wäre diese Betrachtung allerdings zu kurz gedacht.

Dies macht der Vergleich zum Branchenprimus Deutsche Bank deutlich. Während der Kurs der Aktie unter CEO Christian Sewing innerhalb der letzten 12 Monate mit einem Minus von gut 2 Prozent etwas unter dem Vorjahr liegt, konnten die Papiere der Commerzbank im gleichen Zeitraum um über 20 Prozent zulegen. Damit wird bei näherer Betrachtung deutlich: Die Erwartungen an die Commerzbank sind im Zuge der jüngsten Erfolge deutlich gestiegen und mit Kurssprüngen eingepreist worden.

Dies vordergründig mit der Botschaft von Vorstandschef Knof, der einen Milliardengewinn der Commerzbank für 2021 in Aussicht stellte. Die Aktie wurde an dem Tag mit einem Kurssprung von achtzehn Prozent zum Highlight im Dax.

Am Donnerstag, dem 17.02.2022, präsentierte Manfred Knof, seit einem Jahr Vorstandsvorsitzender, neben dem Milliardengewinn der Commerzbank im operativen Geschäft, einen Nettogewinn von 430 Millionen Euro. Er hielt dabei nicht mit positiven Aussichten für die nächste Zukunft zurück. Man wolle, laut Knof, an das erfolgreiche Kundengeschäft des abgelaufenen Jahres anknüpfen und strebe einen Konzerngewinn von mehr als einer Milliarde Euro an. Und auch die in den letzten Jahren darbenden Aktionäre sollten weiter positiv in die Zukunft sehen können. Daher plant die Bank für das Geschäftsjahr 2022 auch wieder die Zahlung einer Dividende. Von zukünftig 50 Prozent der Konzerngewinne war die Rede, die an die Aktionäre ausgeschüttet werden sollen.

Die gesamte Commerzbank ist derzeit mit 9 Milliarden Euro an der Börse notiert. Behält sie mit ihrer Prognose von 3 bis 5 Milliarden Euro für Dividenden und Rückkäufe recht, flössen innerhalb von drei Jahren zwischen 33 Prozent und 55 Prozent des aktuellen Marktwertes an die Aktionäre zurück. Im Vergleich dazu entspricht die Rückzahlung von 5 Milliarden Euro, die bei der Deutschen Bank angedacht sind, nur 23 Prozent des aktuellen Börsenwertes.

Das bedeutet: Die Ankündigung der Commerzbank verspricht eine sehr aggressive Beteiligung der Aktionäre an künftige Gewinne und überschüssigem Kapital. Das macht die Commerzbank für Anleger interessant.

Nur wer den Zustand der Commerzbank vor einem Jahr berücksichtigt, erkennt den Sprint

Um im Jargon der Olympiateilnehmer zu sprechen: Die Latte lag sehr hoch, das anspruchsvolle Ziel war die Bronzemedaille. Der Milliardengewinn der Commerzbank entspricht in dieser Disziplin dann gleich einer Goldmedaille. Wie wertvoll dieses Ergebnis wirklich ist, zeigt in seiner Tragweite der Zustand der Bank vor einem Jahr. Damals trat Manfred Knopf, der von der Deutschen Bank wechselte, seinen Job als Vorstandschef an.

Der Zustand lässt sich etwa so beschreiben:

  • Die Bank insgesamt: Ein Sanierungsfall

  • Das Firmenkundengeschäft: hochdefizitär

  • Die Analysten: entmutigend

  • Die Führungsriege der Bank: permanent durchgewechselt, kein Hoffnungsträger in Sicht

Gemessen an diesem Konsens der Analysten vor zwölf Monaten hat die Commerzbank, sportlich betrachtet, mehrere Klassen übersprungen. Selbst wenn berücksichtigt werden muss, dass die vorgelegten Zahlen Einmaleffekte enthalten. Knof hat, insbesondere gemeinsam mit seinem Firmenkundenchef Kotzbauer, zunächst ordentlich geliefert.

Woher kommt der Turnaround der Commerzbank?

Analysten waren von einem Nettogewinn von 95 Millionen Euro ausgegangen. Die optimistischste Prognose lag bei 173 Millionen Euro. Die präsentierten 430 Millionen Euro übertreffen somit bei Weitem die Schätzungen der Analysten. Erwähnt werden sollte, dass zum kräftigen Gewinn ebenso positive Steuereffekte beigetragen haben. Der Vorsteuergewinn der Commerzbank beträgt daher lediglich 105 Millionen.

Die Analysten hatten nach einem Verlust im Jahr 2020 von 3 Milliarden Euro seinerzeit mit einem erneuten Minus von 500 Millionen für 2021 gerechnet. Dabei sahen sie insbesondere das Firmenkundengeschäft immer noch in tiefroten Zahlen. Die 430 Millionen Euro Nettogewinn grenzen daher an ein Wunder. Das Erstaunliche: Der vermeintliche Problembereich, das Geschäft mit Firmenkunden, hat zu dem Ergebnis maßgeblich beigetragen. Nicht zu vergessen: Die Bank hat vor Kurzem weitere 436 Millionen Euro Risikovorsorge in das Geschäftsjahr 2021 gebucht.

Kein Problemfall mehr: die Firmenkundensparte

Der Firmenkundenvorstand Michael Kotzbauer, Anfang 2021 angetreten, ist nicht für öffentlichkeitswirksame Auftritte bekannt. Offensichtlich scheint er der fleißige Arbeiter im Hintergrund zu sein – so lassen es zumindest die Zahlen vermuten.

Zur Verdeutlichung der operative Gewinn der Firmenkundensparte der Commerzbank in den letzten Jahren:

2017

  676 Millionen Euro

2018

  629 Millionen Euro

2019

  292 Millionen Euro

2020

- 428 Millionen Euro

2021

  656 Millionen Euro

Dazu muss bemerkt werden, dass der Vorsteuergewinn in besten Zeiten über 1 Milliarde Euro gelegen hat. Der Bereich hat zwar sein Kreditvolumen immer weiter ausgeweitet, litt jedoch zunehmend unter Ausfällen. Selbst die Corona-Kredite, die bei vielen Banken zu willkommenen Ertragssteigerungen führten, konnten bei der Commerzbank das Firmenkundengeschäft nicht wiederbeleben.

Im Jahr 2021 blieb die Commerzbank von größeren Ausfällen verschont. Das Institut kam mit 149 Millionen Euro Risikovorsorge aus. Das kann sicherlich auch unter der Rubrik „Glück“ verbucht werden. Dennoch konnte Kotzbauer ebenso weitere Kennziffern in kurzer Zeit positiv verändern. Ins Auge fallen dabei die um 3 Prozent verminderten Aufwendungen.

Im Ergebnis hat die Firmenkundensparte einen maßgeblichen Anteil am Milliardengewinn der Commerzbank. Die knapp 7 Prozent operative Eigenkapitalrendite entspricht annähernd dem Ziel, das der Konzern für 2024 ausgegeben hat. Das macht die Commerzbank für Anleger interessant, da bereits gesteckte Ziel erreicht werden konnten.

Operativ auf der Spur – Ergebnis dennoch von Einmaleffekten beeinflusst

Mehrere Einmaleffekte kamen Manfred Knof 2021 gerade recht, um das Ergebnis aufzupolieren.

Steuereffekt

Das Delta zwischen Vorsteuergewinn und Nachsteuergewinn beträgt immerhin 325 Millionen Euro. Allein für das 4. Quartal fiel eine Steuergutschrift von 50 Millionen Euro an. Wichtig: alles zugunsten des Nachsteuergewinns.

TLTRO-Effekt

Im Geschäftsjahr betrug der Effekt rund 126 Millionen Euro und ist somit kaum für die Zukunft fortzusetzen. Das TLRO-Programm der EZB läuft seit 2014. Dabei erhalten Banken Gelder von der Europäischen Zentralbank (EZB). Damit soll das Kreditvolumen an Unternehmen und Haushalte erhöht werden, wovon die EZB sich mehr Investitionen und Wachstum verspricht.

Beteiligung an der Schufa

In der Privatkundenbank der Commerzbank wird ein Einmaleffekt von 116 Millionen Euro angegeben. Damit wurde die Beteiligung an der Schufa „upgedatet“.

CommerzVentures

Die Venture-Capital-Sparte hat ebenfalls einen ordentlichen Anteil am Milliardengewinn der Commerzbank. Im zweiten Quartal gab es bereits einen Effekt von 100 Millionen Euro. Und im vierten Quartal wurde mit der Sparte der Gewinn nochmals um 135 Millionen Euro nach oben getrieben. Hier wurden mit einigen Beteiligungen Gewinne erzielt, die sich nicht für die Zukunft fortschreiben lassen.

Etappenziele 2021 erreicht

Bis zum Ende des Strategieprojekts (2024) sind es noch einige Jahre. Im ersten Jahr hat die Commerzbank die Etappenziele jedoch erreicht:

  1. Kostenbegrenzung auf 6,5 Milliarden Euro 

  2. Risikoergebnis maximal zwischen minus 0,8 Milliarden und 1,2 Milliarden Euro (mit minus 0,6 Milliarden Euro übererfüllt)

  3. Kernkapitalquote über 12 Prozent (mit 12,6 Prozent leicht übererfüllt)

  4. Operatives Ergebnis positiv (mit 1,2 Milliarden Euro deutlich erfüllt)

Bei detaillierter Betrachtung muss noch erwähnt werden, dass darüber hinaus ausgegebene Ziele für die einzelnen Sparten ebenfalls erreicht wurden. Dazu zählen die Filialschließungen, der Digitalisierungsgrad, der Stellenabbau sowie der Volumensteigerung. Was die Commerzbank für Anleger interessant macht, ist somit die Erkenntnis, dass avisierte Ziele erreicht werden konnten.

Der Ausblick der Commerzbank: optimistisch bis konservativ

Für das Jahr 2022 hat die Commerzbank im Zuge der Präsentation ihrer Ergebnisse für 2021 angekündigt:

  • Steigerung des Zinsüberschusses und des Provisionsüberschusses

  • 1 Milliarde Nettogewinn

  • Dividendenzahlungen

Bei den Dividendenzahlungen wurden für 2022 zunächst 30 Prozent des Nettogewinns avisiert. Im weiteren Verlauf sollen dann bis zu 50 Prozent des Nettogewinns an die Aktionäre ausgeschüttet werden.

Der Milliardengewinn der Commerzbank im operativen Geschäft führte zu einem Nettoergebnis von 430 Millionen Euro. Die weitere Prognose klingt im Vergleich dazu eher konservativ. Wenn auch einige Einmaleffekte das Ergebnis beeinflussten, so liegen diesem Gewinn auch Restrukturierungsaufwendungen von 1,1 Milliarden Euro zugrunde, die schließlich erwirtschaftet wurden. 

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