GoldGeldWelt Redaktion
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16.05.2023
Die Preise für Gewerbeimmobilien sinken deutlich. Besonders stark trifft es den Einzelhandel, der unter Homeoffice und Onlineshopping gleichzeitig leidet. Daten aus den USA indes zeigen, dass die Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro ins Stocken gerät. In New York bedeutet jeder Mitarbeiter im Homeoffice einen Umsatzverlust von 4.600 USD für die Innenstädte.
Preise für Gewerbeimmobilien sinken
Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sinkt. Das Magazin „Capital“ berichtet unter Berufung auf eine bei Immobilienscout24 in Auftrag gegebene Studie, dass insbesondere die Metropolen Berlin, Frankfurt und München unter schwierigen Marktbedingungen leiden.
So brach die Nachfrage nach gewerblichen Immobilien in Toplagen um 25 % ein. In ländlichen Regionen dagegen wurde ein Anstieg um 7 % verzeichnet. Die Mieten stiegen sowohl in Metropolen als auch auf dem Land moderat (2,7 % versus 3,5 %). In Metropolen wurde eine Leerstandsquote von 4 % (Vorjahr: 2,8 %) verzeichnet - bislang noch kein kritischer Wert.
Auch andere Untersuchungen sehen Gewerbeimmobilien in einem schwierigen Umfeld. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) veröffentlicht vierteljährlich Indizes zur Preisentwicklung auf dem deutschen Immobilienmarkt - getrennt nach Wohn- und Gewerbeimmobilien.
Die Indices basieren auf echten Transaktionsdaten und sind damit zuverlässiger als andere Studien, die auf Befragungen fußen. Der Index für Gewerbeimmobilien notierte im ersten Quartal 2022 noch bei 155,2 Punkten. Im ersten Quartal 2023 war der Index auf 142,3 Punkte zurückgegangen. Dies entspricht einem Rückgang um 8,3 %.
USA: Mitarbeiter kehren nur teilweise und zögerlich ins Büro zurück
Das Wall Street Journal berichtete vor einigen Tagen, dass die Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro nach der Pandemie ins Stocken gerate. Unternehmen setzten auf hybride Modelle – bei denen die Mitarbeiter teilweise im Betrieb, teilweise im Homeoffice arbeiten -, die Büros blieben zu weiten Teilen leer.
Die zunächst von Vermietern erhoffte weitreichende Rückkehr der Mitarbeiter ins Büro stellt sich offenbar nicht ein. Zu Beginn des Jahres überstieg die durchschnittliche Büroauslastung in den USA demnach erstmals nach der Corona Pandemie die Marke von 50 %.
Hier scheint jedoch das Ende der Fahnenstange erreicht sein: Hybrides Arbeiten wird zum Regelfall. Dies bestätigen auch Daten des Softwareunternehmens Scoop Technologies, denen zufolge 58 % der Unternehmen ihren Angestellten gestatten, einen Teil der Wochenarbeitszeit im Homeoffice zu verrichten. Die Daten basieren auf Angaben von fast 4500 Unternehmen.
Setzen Unternehmen auf Hybridstrategien, arbeiten Mitarbeiter dort durchschnittlich 2,5 Tage pro Woche im Büro. Das bedeutet: Der effektiv benötigte Büroraum fällt nur etwa halb so groß aus wie bei vollständiger Anwesenheit im Büro.
Lediglich der 42 % Unternehmen verlangen, dass ihre Mitarbeiter permanent im Büro anwesend sind. Besonders wichtig: Vor drei Monaten waren es noch 49 % - der zwischenzeitliche Aufwärtstrend hat sich also wieder umgekehrt.
Auch die Zahlen von Kastle Systems kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Das Unternehmen beobachtet die Rückkehrbewegung ins Büro in zehn großen US-Städten und greift dabei auf Daten von Sicherheitsausweisen zurück. Demnach lag der durchschnittliche Büronutzungsgrad Ende Januar erstmals wieder über 50 % des präpandemischen Niveaus – stagniert aber seither auf diesem Niveau.
Placer.ai nutzt Mobilfunkdaten und kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der Bürobesucher in elf US-Städten Ende April bei gut 60 % des Niveaus von 2019 lag. Auch hier lässt sich seit Anfang Februar eine Stagnation beobachten.
Innenstadtsterben beschleunigt sich: 41.000 Geschäfte gaben auf
Besonders dramatisch sieht es laut der durch Capital zitierten Studie jedoch bei Einzelhandelsflächen aus. Der Trend zum Onlineshopping hält auch nach der Pandemie an. In Metropolen wuchs das Angebot an Flächen um 24 %, in der Peripherie um 13 % und in sogenannten C-Städten um 18 %.
Auch der Verband der Pfandbriefbanken kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. So sank der Kapitalwert von Einzelhandelsimmobilien im ersten Quartal um 10,5 % gegenüber dem Vorjahr. Generell sinken die Preise für diese Immobilien bereits seit Ende 2019 in jedem einzelnen Quartal.
Der Handelsverband HDE warnt vor einem flächendeckenden Innenstadtsterben und beruft sich auf eine Studie, der zufolge „bereits vor der Corona-Krise ein massives Anwachsen des Leerstandes“ absehbar gewesen sei.
Die Pandemie habe das Leiden der Händler verschärft. So hätten allein in den letzten drei Jahren 41.000 Handelsgeschäfte aufgeben müssen. In den Jahren 2010-2019 seien es 39.000 Geschäfte gewesen.
Die Leerstandsquote in den B-Lagen der Klein- und Mittelstädte liege bereits bei 25 %. Dieser Verlust sei kaum durch Neugründungen zu kompensieren. Der Verband schlägt deshalb umfangreiche staatliche Förderungen vor.
Laut HDE spielt vor allem die Verschiebung zum Homeshopping eine wesentliche Rolle für die schwierige Situation der Händler in den Städten. Doch auch Homeoffice dürfte eine Rolle spielen.
4600 USD Umsatzverlust pro Homeoffice-Fall
Wie stark der Trend zum Homeoffice die Innenstädte belastet, zeigen jedenfalls Daten aus den USA. Die Denkfabrik WFH Research etwa schätzt den jährlichen Umsatzausfall für Unternehmen in Innenstädten auf 4.600 USD - für jeden Mitarbeiter, daheim arbeitet, anstatt ins Büro zu gehen. Dieser Umsatzverlust verteilt sich auf Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants und andere Unternehmen im Stadtbereich.
Die Entwicklung hat auch in Weltmetropolen die Politik auf den Plan gerufen. Der Bürgermeister von New York City, Eric Adams etwa will Eigentümer von Gewerbeimmobilien mit steuerlichen Anreizen zu Modernisierungen bringen. Er hofft, dass ein moderner Arbeitsplatz die Büroauslastung steigern könne. „Jedes Büro, das leer steht, bedeutet weniger Mittel für alles, von Schulen bis hin zu bezahlbarem Wohnraum“, sagte Adams.
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